Martin Heidegger [1889-1976]
Ngọc Lý 09.09.2007 04:17:21 (permalink)
 
Martin Heidegger [1889-1976]





Sein und Zeit
On Time and Being - excerpt
Letter on Humanism
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Martin Heidegger (* 26. September 1889 in Meßkirch; † 26. Mai 1976 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Philosoph. Er zählt zu den einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts.
Zu den zentralen Bemühungen Heideggers gehört die Kritik der traditionellen Metaphysik. Unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten interpretierte und kritisierte Heidegger diese. Heideggers Gedanken haben direkt und über einige seiner Schüler großen und bleibenden Einfluss auf die moderne Philosophie und andere Geisteswissenschaften. Sein Engagement während des Nationalsozialismus ist bis heute Gegenstand kontroverser Debatten.
Überblick über das Werk Heideggers:
Heideggers bekanntestes Werk Sein und Zeit erschien 1927. In der ersten Hälfte übte er starke Kritik am kartesischen Subjektivismus und arbeitete in einer fundamental-ontologischen Untersuchung eine neue Ontologie aus. Hierzu wählte er einen hermeneutischen Zugang: indem er nicht von festen Annahmen – etwa einem transzendentalen Subjekt – ausging und dann argumentativ fortschritt, sondern phänomenologische Analysen anwandte, wollte er mit überkommenen Traditionen brechen. Im zweiten Teil des Buches beschäftigte er sich mit grundlegenden Strukturen des Menschseins, wie etwa dem Phänomen des Todes, der Möglichkeit zur Individualität und dem in die Welt und Geschichte geworfenen Menschen. Hiervon wurden die Existenzphilosophen stark beeinflusst.
Ab Anfang der 1930er Jahre vollzog Heidegger in seinem Denken eine von ihm so genannte Kehre, deren Deutung strittig ist. Heidegger schrieb nun stärker Seinsgeschichte, in welcher er den geschichtlichen Bezug des Menschen zur Wahrheit interpretierte und einordnete. Die abendländische Philosophiegeschichte deutete er vor allem als fortschreitende Verdeckung eines bei den Vorsokratikern noch ursprünglichen Wahrheitsbezuges. Die mit Platon und Aristoteles einsetzende Metaphysik stellte für Heidegger den Beginn einer Reihe von Verdeckungen dar, die auch für unser heutiges Weltverständnis noch von großer Bedeutung sind. So lasse die Metaphysik die Dinge nicht in ihrem Sein gelten, also als das, was sie sind, sondern versuche, sie als etwas vorzustellen, das sie gerade nicht sind. Da sich diese grundlegende Verfehlung fortsetze, zeigte sich die geschichtliche Entwicklung Heidegger zufolge als ein überwiegend negativ zu wertender Prozess, der von Seinsverlassenheit geprägt sei.
Einen Höhepunkt dieser Entwicklung machte Heidegger im Nihilismus und in der modernen Technik aus. Seine Technikkritik problematisiert – analog zur Kritik der Metaphysik –, dass technische Weisen der Weltentdeckung andere Arten des Verstehens verdrängen und das Entdeckte lediglich als Objekt der Manipulation ins Blickfeld bringen. Zusätzlich birgt die Technik laut Heidegger die Gefahr einer Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation, die in einer Vernutzung um der Vernutzung willen mündet und so zu einer Zerstörung der natürlichen Umwelt führt.
Im Zusammenhang mit der von ihm angestrebten Kritik der Metaphysik wendete sich Heidegger auch Gebieten zu, die seinerzeit als nicht genuin philosophisch galten, wie Kunst, Dichtung und Sprache. In einer außergewöhnlich eigenen Interpretation von Hölderlins Gedichten versuchte er das moderne Zeitalter als durch das sich entziehende Göttliche geprägt zu denken. Er wendete sich dem modernen Menschen zu, den er als Heimatlosen und Entwurzelten sah. Diesem Problem stellte er seine Konstellation der Welt als Geviert von Sterblichen, Göttlichen, Himmel und Erde entgegen.

Inhaltsverzeichnis



Das Mesmerhaus in Meßkirch, in dem Martin Heidegger aufwuchs



Martin Heidegger kam am 26. September 1889 als erstes Kind der Eheleute Friedrich und Johanna Heidegger in Meßkirch (Baden) zur Welt. 1892 wurde seine Schwester Maria geboren, 1894 sein Bruder Friedrich (Fritz). Der Vater war Fassbindermeister und versah an der örtlichen katholischen Kirche das Amt des Mesmers, die Familie lebte in einfachen, aber wohlgeordneten Verhältnissen. Die tiefgläubigen Eltern bemühten sich trotz knapper Geldmittel um eine möglichst gute Ausbildung ihrer Kinder und ließen darüber hinaus die Söhne schon früh Ministranten werden. Höhere Bildung jenseits der Gemeindeschule schien unerreichbar, bis der Ortspfarrer 1903 auf die Begabung Martins aufmerksam wurde und ihm ein Stipendium für das Konradihaus in Konstanz ermöglichte, einer Schule zur Heranbildung zukünftiger Geistlicher.
Ab 1906 lebte Heidegger am bischöflichen Seminar in Freiburg und absolvierte das Gymnasium. Nach seinem Abitur trat er im September 1909 als Novize in den Jesuitenorden ein, verließ das Kloster aber wegen Herzbeschwerden schon nach einem Monat wieder. Stattdessen wurde er Priesterseminarist und begann das Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Freiburg. Heidegger veröffentlichte erste Artikel und Kommentare. Die geistliche Laufbahn schien ihm sicher zu sein, bis er 1911 das Theologiestudium aufgab und die Philosophie mit Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften ergänzte. Da in dieser Zeit an philosophischen Seminaren vor allem der Neukantianismus und eine durch ihn geprägte Ablehnung der vor-kantischen Ontologie vorherrschten, war Heideggers früher Bildungsweg durch seine Bindung an den Katholizismus eher atypisch.
Zwei Texte prägten Heidegger in dieser Zeit: Franz Brentanos Schrift „Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles“ und „Vom Sein. Abriß der Ontologie“ des Freiburger Dogmatikers Carl Braig, dessen Vorlesungen er besuchte. Daraus entstand ein fruchtbares Spannungsverhältnis zur scholastischen Tradition. Heidegger urteilte später, dass er ohne seine theologische Herkunft nicht auf seinen Weg des Denkens gebracht worden wäre.[1]

Frühe Schaffenszeit
1913 wurde Heidegger mit einer Arbeit über „Die Lehre vom Urteil im Psychologismus zum Doktor der Philosophie promoviert. Im Freiburger Kartellverband Katholischer Deutscher Studentenvereine war er bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst sehr aktiv und beteiligte sich regelmäßig an den wöchentlichen Treffen. 1915 hielt er dort einen Vortrag über den „Wahrheitsbegriff in der modernen Philosophie“.
Schon 1915 folgte seine Habilitation bei Heinrich Rickert über „Die Bedeutungs- und Kategorienlehre des Duns Scotus. Heidegger bezog sich in seiner Habilitation auf die Schrift „Grammatica Speculativa“ – später Thomas von Erfurt und nicht Scotus zugeschrieben – ein Traktat über Typen sprachlicher Ausdruckweisen und ihnen entsprechender ontologischer Kategorien. Hier zeigt sich ein frühes Interesse Heideggers an dem Verhältnis von Sein und Sprache.
Der Erste Weltkrieg unterbrach seine akademische Laufbahn. Heidegger wurde 1915 einberufen und den Diensten für Post und Wetterbeobachtung zugewiesen. Für Kampfeinsätze war er nicht tauglich. 1917 heiratete er die evangelische Elfriede Petri. Die Ausmusterung erfolgte 1918. Sein Sohn Jörg kam im Januar 1919 zur Welt, und kurz darauf erklärte er seinen Bruch mit dem „System des Katholizismus“.[2]
Mit Edmund Husserl kam 1916 der führende Phänomenologe an die Universität Freiburg. Er trat die Nachfolge Rickerts an. Heidegger wurde als Assistent und Privatdozent zu seinem engsten Vertrauten. Husserl gewährte ihm Einblicke in seine Forschung, und Heidegger hob rückblickend den Gewinn hervor, den dieses enge Verhältnis für ihn hatte. Ab 1920 begann der freundschaftliche Briefwechsel mit dem Philosophen Karl Jaspers. Um eine außerordentliche Professur in Marburg erhalten zu können, erstellte Heidegger 1922 für Paul Natorp die Skizze eines Aristoteles-Buches, den so genannten Natorp-Bericht. Heidegger bezeichnete seine Philosophie, die hier gerade im Entstehen war, als ausdrücklich atheistisch und erklärt in einer Fußnote: Eine Philosophie, die sich als faktische Lebensauslegung verstehe, müsse auch wissen, dass dies eine „Handaufhebung gegen Gott“ bedeute.[3]







Blick auf Todtnauberg



Heidegger war durch die tiefe Verwurzelung im süddeutschen Landleben geprägt. Von Freiburg aus entdeckte er für sich den Südschwarzwald. Zwischen Feldberg und Belchen fand er eine intakte Landschaft, gesundes Klima und idyllische Dörfer. In Todtnauberg zimmerte er sich 1923 selbst eine Berghütte als Refugium. Zahlreiche seiner Werke wurden dort niedergeschrieben. Mit den hektischen Großstädten konnte er sich sein ganzes Leben lang nicht anfreunden.[4]

„Meine ganze Arbeit (…) ist von der Welt dieser Berge und Bauern getragen und geführt. (…) sobald ich wieder hinaufkomme, drängt sich schon in den ersten Stunden des Hüttendaseins die ganze Welt der früheren Fragen heran, und zwar in der Prägung, in der ich sie verließ. Ich werde einfach in die Eigenschwingung der Arbeit versetzt und bin ihres verborgenen Gesetzes im Grunde nicht mächtig.“[5]
Während einer außerordentlichen Professur in Marburg von 1923 bis 1927 freundete er sich mit dem Theologen Rudolf Bultmann an. Unter den Studenten galt Heidegger bereits als herausragender Lehrer. Auch die junge Hannah Arendt hörte Vorlesungen bei ihm. Sie erinnerte sich in einem Rundfunkbeitrag 1969 an die Faszination, die damals von seiner Lehrtätigkeit ausging: „Heideggers Ruhm ist älter als die Veröffentlichung von Sein und Zeit (…) Kollegnachschriften [gingen] von Hand zu Hand (…) [und] der Name reiste durch ganz Deutschland wie das Gerücht vom heimlichen König. (…) Das Gerücht, das [die Studierenden] nach Freiburg zu dem Privatdozenten und etwas später nach Marburg lockte, besagte, dass es einen gibt, der die Sache, die Husserl proklamiert hatte, wirklich erreicht.“[6]







Hannah Arendt auf einer Briefmarke, Bundespost 1988



Ab 1925/26 verband ihn eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit seiner neunzehnjährigen Studentin Hannah Arendt. Heideggers Briefe an Arendt und ihre Notizen über diese Beziehung wurden in ihrem Nachlass gefunden. Aus seiner frühen Korrespondenz geht hervor, welche Vorstellung er von einer universitär gebildeten Frau hatte: „Männliches Fragen lerne Ehrfurcht an schlichter Hingabe; einseitige Beschäftigung lerne Weltweite an der ursprünglichen Ganzheit fraulichen Seins.“ [7] Am 24. April desselben Jahres schrieb er: „Zerrissenheit und Verzweiflung vermag nie so etwas zu zeitigen wie Deine dienende Liebe in meiner Arbeit.“ Die Beziehung war von einem Ungleichgewicht geprägt: Da Heidegger weder seine Stellung noch seine Ehe gefährden wollte, bestimmte er Ort und Zeit der Treffen. Das ganze musste im Geheimen ablaufen und entbehrte nicht konspirativer Elemente. Die Beziehung hatte für Heidegger lebenslange Bedeutung, auch wenn es immer wieder zu langen Zeiten ohne Kontakt kam, so vor allem von 1933 bis 1950.
1927 erschien sein Aufsehen erregendes Hauptwerk Sein und Zeit. Das Buch wurde als eigenständiger Band in der von Edmund Husserl herausgegebenen Reihe „Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung“ veröffentlicht. Die durch die Gesamtausgabe zugänglichen frühen Vorlesungen lassen die Entstehungsgeschichte von „Sein und Zeit“ sehr genau nachvollziehen. Es zeigt sich, dass schon erstaunlich früh die für „Sein und Zeit“ wesentlichen Grundgedanken im Werk Heideggers hervortreten. 1928 wurde Heidegger in Freiburg Nachfolger auf Husserls Lehrstuhl. Seine Antrittsvorlesung hielt er über das Thema: „Was ist Metaphysik?“. Daneben sorgten seine Vorlesungen sowie ein öffentliches Streitgespräch mit Ernst Cassirer über Kant für die Bekanntheit Heideggers.

Nationalsozialismus
Wie Heideggers Verhältnis zum Nationalsozialismus zu beurteilen ist, wird bis heute heftig diskutiert. Im Folgenden sollen zunächst die historischen Geschehnisse referiert werden. Es folgen einige Aussagen von Zeitgenossen und von Heidegger selbst. Zuletzt werden die Positionen der Forschung zum Thema Heidegger und der Nationalsozialismus dargestellt.

Chronik







Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hier war Heidegger von 1933-1934 Rektor



1933 sah Heidegger in dem politischem Umschwung neue Möglichkeiten zur Veränderung. Er wollte sich einschalten, und es schien ihm geboten, die Entwicklung mitzugestalten. Am 21. April 1933 wurde Heidegger Rektor der Freiburger Universität. Für das Amt des Rektors wurde er von seinem Vorgänger Professor von Möllendorf vorgeschlagen. Möllendorf war Sozialdemokrat und einen Tag zuvor – vermutlich auf Druck des NS-Regimes – zurückgetreten. In die NSDAP trat Heidegger am 1. Mai 1933 ein und blieb bis Kriegsende Mitglied. Für Professoren gab es keinen Zwang zur Parteimitgliedschaft, während andere Beamte zum Eintritt in die NSDAP verpflichtet waren.
In seiner Rektoratsrede vom 27. Mai 1933 mit dem Titel „Die Selbstbehauptung der Deutschen Universität“ fand sich das Wort von der „Größe und Herrlichkeit dieses Aufbruchs“. Die Rede war nationalsozialistisch konnotiert und hat bis heute viel Aufsehen erregt: Heidegger forderte darin eine grundlegende Erneuerung der Universität. Sie solle, mit der Philosophie als Zentrum, ihre Ganzheit wiedergewinnen, ähnlich wie in der Antike. Das Verhältnis von Professoren und Studenten soll dem von „Führern“ und „Gefolgschaft“ entsprechen. Weiterhin betonte er die Notwendigkeit der Bindung an die so genannte „Volksgemeinschaft“ und die wichtige Rolle der Universität bei der Ausbildung von kulturellen Führern des Volkes.
Während seines Rektorats beteiligte sich Heidegger an Propaganda und Gleichschaltungspolitik der „Bewegung.“ Zwar untersagte er als Rektor Bücherverbrennungen an der Universität und die Aufhängung des „Judenplakates“, andererseits unternahm er nichts, um die zunehmenden antisemitischen Ressentiments an der Universität einzudämmen. Nach einem fachlichen Streit 1931 mit seinem Kollegen Eduard Baumgarten denunzierte Heidegger diesen 1933 bei der nationalsozialistischen Professorenschaft.[8]
Inwieweit sich von einem Antisemitismus Heideggers sprechen lässt, wird unterschiedlich beurteilt. Neben seiner vorausgegangenen Affäre mit Hannah Arendt hatte er jedenfalls weiterhin Kontakt mit anderen Juden und widmete dem Zeitgenossen Max Scheler, dessen Mutter Jüdin war, sein 1929 erschienenes Buch „Kant und das Problem der Metaphysik“.
Am 27. April 1934 trat Heidegger vom Amt des Rektors zurück, da seine Hochschulpolitik weder an der Universität noch bei der Partei genügend Unterstützung fand. Der Grund war nicht – wie er dies später selbst darstellte –, dass er die nationalsozialistische Hochschulpolitik nicht mittragen wollte, vielmehr ging ihm diese nicht weit genug: Heidegger plante eine zentrale Dozentenakademie in Berlin. Alle zukünftigen deutschen Hochschullehrer sollten in dieser Akademie philosophisch geschult werden. Der Marburger Psychologe Erich Jaensch schrieb dazu ein Gutachten, in dem er Martin Heidegger als „einen der größten Wirrköpfe und ausgefallensten Eigenbrötler“ bezeichnete, „die wir im Hochschulleben haben“.[9] Heideggers ehrgeizige Pläne scheiterten, und er zog sich aus der nationalsozialistischen Hochschulpolitik zurück. Eine Vorlesung, welche unter dem Titel „Der Staat und die Wissenschaft“ geplant war und zu welcher führende Parteimitglieder mit einer gewissen Erwartungshaltung angereist waren, wurde kurzerhand abgesagt. Heidegger zum Auditorium: „Ich lese Logik.“
Von nun ab widmete er sich nur noch der Lehre und Forschung. Heidegger selbst berichtete, er sei nach seinem Rücktritt vom Rektorat von der Partei überwacht worden, und einige seiner Schriften seien nicht mehr im Handel erhältlich gewesen oder nur noch unter der Ladentheke ohne Titelblatt verkauft worden.[10] 1944 wurde er zur Schanzarbeit eingezogen, da er bei der Dreiteilung der Dozentenschaft in Ganz-Entbehrliche, Halb-Entbehrliche und Unentbehrliche in die Gruppe der Ganz-Entbehrlichen fiel.
Nach Ende des Krieges trat ein vorübergehendes Lehrverbot in Kraft, das am 26. September 1951 mit Heideggers Emeritierung endete. Karl Jaspers hatte sich in einem Gutachten für dieses Verbot ausgesprochen. Die Rezeption von Heideggers Werken war nach dem Krieg schwer belastet durch seine Verstrickung mit dem nationalsozialistischen Regime während des einjährigen Rektorats und durch sein späteres Schweigen in der Öffentlichkeit.

Äußerungen
In einem Brief an Hannah Arendt, datiert 1932/33 , wehrte sich Heidegger gegen Gerüchte über seine Einstellung zu Juden:





„Die Gerüchte, die dich beunruhigen, sind Verleumdungen […] und üble Nachrede […]“

Er zählte Juden auf, die bei ihm promovierten und sich habilitierten. Er fuhr ironisch fort:





„Im Übrigen bin ich heute in Universitätsfragen genauso Antisemit wie vor 10 Jahren und in Marburg, wo ich für den Antisemitismus sogar die Unterstützung von Jacobstal und Friedländer fand. Das hat mit persönlichen Beziehungen zu Juden, (z.B. Husserl, Misch, Cassirer und anderen) nichts zu tun. Und erst recht kann es nicht das Verhältnis zu Dir berühren.“[11]

In einem Brief an Heidegger vom 23. September 1933 schrieb Jaspers, der sich für den Erhalt der authentischen Fassung der Rektoratsrede bedankte:





„… Mein Vertrauen zu Ihrem Philosophieren, das ich seit dem Frühjahr und unseren damaligen Gesprächen in neuer Stärke habe, wird nicht gestört durch Eigenschaften dieser Rede, die zeitgemäß sind, durch etwas darin, was mich ein wenig forciert anmutet und durch Sätze, die mir auch wohl einen hohlen Klang zu haben scheinen. Alles in allem bin ich nur froh, dass jemand so sprechen kann, dass er an die echten Grenzen und Ursprünge rührt.“[12]

Heidegger äußerte sich nie ausführlich oder eindeutig über seine Parteimitgliedschaft während des Dritten Reichs. In einem Brief an Karl Jaspers Anfang 1950 drückte er seine Scham darüber aus, dass er die Beziehungen während der Zeit des Nationalsozialismus abgebrochen habe.[13]







Heideggers Lehrer Edmund Husserl



Widersprüchliche Aussagen gibt es bezüglich Heideggers Verhalten gegenüber Husserl in den 1930er Jahren; Heidegger selbst sprach hier von rein philosophisch-sachlichen Streitigkeiten, die nichts mit 1933 zu tun haben:





„Die Differenzen in sachlicher Hinsicht verschärften sich. Husserl hat anfangs der dreißiger Jahre eine öffentliche Abrechnung mit Max Scheler und mir gehalten deren Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.“[14]

Wegen seines Nichterscheinens bei Husserls Krankenbett und dessen Beisetzung gestand er gegenüber Husserls Ehefrau Malvine Husserl „menschliches Versagen“ ein und bat um Entschuldigung. Als Heideggers Hauptwerk: „Sein und Zeit“ 1941 in der 5. Auflage neu aufgelegt wurde, fehlte die Widmung für Edmund Husserl auf Vorschlag und Wunsch des Verlegers Hermann Niemeyer, hingegen blieb die Fußnote auf Seite 38 bestehen, wo Heidegger seinem Lehrer Husserl seinen Dank aussprach. Ein möglicher Grund für die Entfernung auf der ersten Seite ist, dass es wohl mit der Widmung an den Juden Edmund Husserl im nationalsozialistischen Deutschland nicht erneut aufgelegt hätte werden können. In der 4. Auflage 1935 sowie in der 6. Auflage 1949 waren die Widmungen vollständig. Dass Heidegger Husserl den Zutritt zu Bibliothek verwehrt habe, ist ein Gerücht. Heidegger selbst wies es scharf als Verleumdung zurück.[15]
Noch 1953 ließ Heidegger über den Nationalsozialismus die Phrase von der „inneren Wahrheit und Größe dieser Bewegung“ drucken.[16] In einem Brief vom 18.3.1968 an Herrn S. Zernach in Jerusalem schrieb er hierzu:





„… Aus der 1935 gehaltenen und 1953 wörtlich genau veröffentlichen Vorlesung 'Einführung in die Metaphysik' wird immer wieder der eine Satz S. 152 herausgegriffen und das Ganze der Vorlesung übergangen, aus dem hervorgeht, dass meine Stellung zum Nationalsozialismus in jener Zeit bereits eindeutig gegnerisch war. Die verständigen Hörer dieser Vorlesung haben daher auch begriffen, wie der Satz zu verstehen sei. Nur die Spitzel der Partei, die – wie ich wusste – in meiner Vorlesung saßen, verstanden den Satz anders, sollten es auch. Man musste diesen Leuten hie und da einen Brocken zuwerfen, um sich die Freiheit der Lehre und Rede zu bewahren. … Schließlich möchte ich auf meine Nietzsche-Vorlesung verweisen von 1936 bis 1940, die jeder Hörer eindeutig als grundsätzliche kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus verstanden hat.“

Heidegger selbst erklärte nachträglich im September 1966 im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel:



„Ich sah damals keine Alternative. Bei der allgemeinen Verwirrung der Meinungen und der politischen Tendenzen von 32 Parteien galt es, zu einer nationalen und vor allem sozialen Einstellung zu finden, etwa im Sinne des Versuchs von Friedrich Naumann.“[17]

In dem viel beachteten Interview, das auf Heideggers Wunsch erst nach seinem Tod im Mai 1976 veröffentlicht wurde, sagte er im Zusammenhang mit der Deutung der Technik:




„Ich sehe gerade die Aufgabe des Denkens darin, in seinen Grenzen mitzuhelfen, dass der Mensch überhaupt erst ein zureichendes Verhältnis zum Wesen der Technik erlangt. Der Nationalsozialismus ist zwar in die Richtung gegangen; diese Leute aber waren viel zu unbedarft im Denken, um ein wirklich explizites Verhältnis zu dem zu gewinnen, was heute geschieht und seit drei Jahrhunderten unterwegs ist.“

Zur systematischen Vernichtung der europäischen Juden hat Heidegger nach dem Krieg nur einen einzigen Satz gefunden. Ackerbau sei jetzt motorisierte Ernährungsindustrie, „im Wesen dasselbe“ wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern, dasselbe wie die Blockade und Aushungerung von Ländern, dasselbe wie die Fabrikation von Wasserstoffbomben.[18]
An Jaspers schrieb er am 8. April 1950, dass „von Jahr zu Jahr, je mehr das Bösartige herauskam, auch die Scham wuchs, jemals hier unmittelbar und mittelbar mitgewirkt zu haben.“[19]

Beurteilungen
Heideggers Verhältnis zum Nationalsozialismus ist Gegenstand einer breiten Forschungskontroverse. Hierbei werden zwei Aspekte untersucht: erstens inwieweit Heideggers philosophisches Denken in Zusammenhang mit nationalsozialistischer Ideologie steht, zweitens inwieweit die Person Heidegger Nationalsozialist war und wie sich dies von seinem Werk trennen lässt. Dabei können acht Positionen unterschieden werden. In äußerst grober Darstellung lassen sich diese, Dieter Thomä folgend, zusammenfassen als:[20]
  1. Diese Position vollzieht eine strikte Trennung von Person und Werk: Heideggers Denken kann unabhängig von seinen Verwicklungen im Nationalsozialismus angesehen werden. (Rorty[21], Arendt[22])
  2. Heidegger war Vertreter der deutschen Intelligenz, der aus soziologischen und historischen Umständen dem Nationalsozialismus zugeneigt war (Palmier[23], Sluga[24]).
  3. Heideggers Philosophie sei zu jeder Zeit mit dem Nationalsozialismus unverträglich gewesen, er habe einen „Privatnationalsozialismus“ vertreten, bzw. stehe in direktem Gegensatz zur NS-Ideologie, es können allenfalls äußere Ähnlichkeiten, wie Gegnerschaft zu Sozialismus und Liberalismus zugestanden werden (Young[25], Pöggeler[26], Fédier[27]).
  4. Es gibt eine Nähe zwischen Heideggers Denken und dem Nationalsozialismus, jedoch muss diese in Abwägung der Zeit um 1933 und danach untersucht werden, hierbei wird das Problem der Heterogenität von Heideggers Werk betont; Heideggers Werk ist somit 'Steinbruch': einiges ist produktiv und kann aufgegriffen werden (Steiner[28], Schwan[29]).
  5. Das NS-Engagement Heideggers ist einer bestimmten Phase seines Denkens zuzuordnen, die durch die in „Sein und Zeit“ noch nicht gänzlich überwundene Philosophie des Subjekts geschuldet ist. (Derrida[30]) Eine Überwindung wird erst im Spätwerk geleistet. Von hier aus lesend lässt sich Heideggers Philosophie dann auch als exklusiver Beitrag zur Analyse des Nationalsozialismus nutzen: von Bedeutung sind hier Heideggers „Brief über den Humanismus“ und der Vortrag „Die Frage nach der Technik“ (Lacoue-Labarthe[31]).
  6. Im Gegensatz zum vorigen Punkt wird nach dieser Lesart Heideggers „Sein und Zeit“ gegen die NS-Ideologie fruchtbar gemacht und hingegen die späten Texte an seine NS-Texte herangerückt (Franzen[32], Habermas[33]). Hierbei wird auch die von Position 5 gerade favorisierte Abwendung vom Subjekt kritisch gesehen, was eine blinde Hingabe an „Geschick“ und eine Abkehr vom Wahrheitsbezug haben kann (Tugendhat[34]).
  7. Es besteht ein starker Bezug von „Sein und Zeit“ und auch der späten Schriften zum NS-Engagement, das Nachdenken über Heidegger hat bei seinem Bezug zum Nationalsozialismus zu verweilen (Rockmore[35]), ebenso in diesem Zusammenhang wird Heidegger als Grundmotiv „Hass auf die Moderne“ unterstellt (Ferry/Renaut[36]).
  8. Äußerste Zuspitzung: Heideggers Philosophie ist „bis in ihre innersten Zellen faschistisch“ (Adorno[37]) und lasse sich nur von der NS-Verstrickung her verstehen (Farias[38]), dabei ist Heidegger stets Philosoph und Nazi (Lévy[39]).

Rainer Thurnher resümiert in seinem Artikel über Heidegger: „Die dokumentierten Appelle und Reden – darunter auch die vieldiskutierte Rektoratsrede – zeigen Heidegger auf einem Niveau, das tief unter dem seiner denkerischen Bemühungen – der vorangegangenen wie der nachfolgenden – liegt.“[40] Den Grund für Heideggers begeistertes Engagement sieht er ein einer „Fehleinschätzung“ des politischen Geschehens.
Nach der Niederlegung des Rektorats lassen sich, so Silvio Vietta, zahlreiche Passagen seiner noch zu NS-Zeiten gehaltenen Vorlesungen als implizite Kritik am Nationalsozialismus erkennen.[41]
Rüdiger Safranski beschreibt Heideggers Haltung zu Juden mit einem Begriff Sebastian Haffners als „Konkurrenzantisemitismus“. Diese damals in akademischen Kreisen weit verbreitete Form des Antisemitismus sieht in den Juden eine besondere Gruppe, die im akademischen Bereich eine führende, ihrem propositionalen Anteil an der Gesamtbevölkerung nicht entsprechende, Rolle einnimmt.[42] In diesem Zusammenhang steht auch Heideggers Warnung vor der „Verjudung“ der Wissenschaft. Heidegger habe andererseits auch jüdische Kollegen in Schutz genommen und antisemitische Protestaktionen von Studenten verhindert. Trotz allem sei er zu jüdischen Kollegen auf Distanz gegangen. Safranski betont jedoch, dass bei Heideggers Haltung nicht von einem rassischem Antisemitismus gesprochen werden kann. Heidegger kam es mehr auf die Entscheidungen an, die ein Mensch traf, nicht auf seine Abstammung. In Heideggers Worten: der Entwurf war ihm wichtiger als die Geworfenheit. Was Heideggers damalige Begeisterung für den Nationalsozialismus betrifft, so kommt Safranski zu dem Urteil, Heidegger habe seine frühe Philosophie auf den Nationalsozialismus projiziert. Später hat Heidegger, so Safranski, sein Verhältnis zum Nationalsozialismus grundlegend geändert und in diesem nicht mehr einen möglichen Widerstand zur Moderne entdeckt, sondern ihn als deren konsequentesten Ausdruck gesehen: technische Raserei, Herrschaft und Organisation, totale Mobilisierung. Heidegger habe ebenso die Bedrohung betonen wollen, die vom Rassismus ausgeht und den real existierenden Nationalsozialismus als Verrat an der Revolution – die eine metaphysische, keine politische sein sollte – verstanden.[43]
Auch Dieter Thomä urteilt, dass nicht von einem biologischen Rassismus Heideggers gesprochen werden kann – schon weil dies mit Heideggers Philosophie im Widerspruch stehe. Zwar treten einzelne antisemitische Äußerungen auf, z.B. die Warnung vor der „Verjudung“ und „Gefährlichen internationalen Verbindungen der Juden“, insgesamt stoße man jedoch auf sich durchkreuzende Diskurse für und gegen den Antisemitismus.[44] Heideggers Begriff des Volkes, der nun ab 1933 verstärkt auftrat, ist dabei nicht durch eine biologisches Privileg ausgezeichnet, sondern durch die Hingabe an ein „Geschick“ (Schicksal). Hierin erfüllte sich für Heidegger die Aufgabe, dass das deutsche Volk „sein eigenes Wesen behalte und rette“, so Heidegger am 10.11.33.[45] Dabei spielt das Prinzip der Führerschaft eine wesentliche Rolle: „Das Wesen der nationalsozialistischen Revolution“, so erläuterte Heidegger am 15. August 1934, „besteht darin, daß Adolf Hitler jenen neuen Geist der Gemeinschaft zur gestaltenden Macht einer neuen Ordnung des Volkes erhöht und durchgesetzt hat.“[46] „Der Führer selbst und allein ist die heutige und künftige deutsche Wirklichkeit und ihr Gesetz.“ (Oktober 1933)[47]
Dass er sich nach dem Krieg kaum über seine Beziehung zum Nationalsozialismus äußerte, erklärte Heidegger selbst damit, dass er sein Denken vor billigen Einwänden ad personam schützen wollte. Hierdurch wollte er Ersatzhandlungen vorbeugen, die statt das Denken den Denkenden angreifen. Ob eine solche Trennung von Person und Denken jedoch möglich ist, ist – zumindest für die Zeit um 1933 – umstritten.[48]
Heideggers Mitgliedschaft in der NSDAP und seine Weigerung, zum Holocaust Stellung zu nehmen, belastete seine Freundschaften unter anderem mit Karl Jaspers, Karl Löwith, Hans Jonas, Paul Celan und Hannah Arendt. Arendt nahm 1950 wieder brieflichen und persönlichen Kontakt auf, der – nach erneuten Unterbrechungen – erst mit ihrem Tod endete. In ihrem Vortrag „Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt“ bezog Arendt zugunsten Heideggers Stellung.[49] Sie hielt Heidegger neben Jaspers für den größten zeitgenössischen Philosophen, attestierte ihm jedoch 1949 in einem Brief an Jaspers Charakterlosigkeit, in dem Sinne, „daß er buchstäblich keinen hat, bestimmt auch keinen besonders schlechten.“ [50]. Trotzdem stellte sie fest: „Heidegger selbst korrigierte seinen eigenen 'Irrtum' schneller und radikaler als viele derjenigen, die später zu Gericht über ihn saßen.“[51]
1987 flammte mit der Veröffentlichung des Buches „Heidegger et le nazisme“ von Victor Farías eine neue, bis heute nicht abgeschlossene Diskussion auf. Farías veröffentlichte Mitschriften von Vorlesungen, die eindeutig nationalsozialistisches Gedankengut enthalten. Dabei ist zu bedenken, dass es sich nicht um autorisierte Veröffentlichungen handelt. Das Buch erfuhr jedoch scharfe Kritik, wobei vor allem die mangelnde philosophische Kompetenz des Autors gerügt wird. Dies wirkt sich wiederum disqualifizierend auf die von Farías angestrebte Verknüpfung von Biographie und Philosophie aus.[52]. Der bedeutendste Heidegger-Schüler Hans-Georg Gadamer urteilte entsprechend: „Es ist zu bedauern, daß das Buch von Farías (…) auch seinen Informationen nach gänzlich äußerlich und längst überholt ist und daß es dort, wo es Philosophisches berührt, von grotesker Oberflächlichkeit ist und von Unkenntnis geradezu strotzt.“[53] 1988 erschien das Buch „Heidegger – anatomie d'un scandale“ von François Fédier, der den Untersuchungen von Victor Farías am deutlichsten widersprach. 2005 und 2006 entbrannte dieselbe Diskussion in Frankreich nochmals, diesmal zwischen Emmanuel Faye und François Fédier, die in diesem Zusammenhang auch in einer TV-Diskussion Februar 2007 beim Sender PublicSénat auftraten.[54]
Jürgen Habermas sieht im Werk vor 1933 eher Potentiale für antifaschistischen Widerstand. Derrida hielt hingegen die Schriften nach 1945 aufgrund ihrer radikalen Lösung von der traditionellen Metaphysik für antifaschistisch. Trotz allem kritisierte er Heidegger harsch, nicht ohne die Notwendigkeit zu betonen, ihn zu lesen. Medard Boss bezeichnet ihn in seinem Vorwort des Buches „Zollikoner Seminare“ der Gesamtausgabe als den Menschen, der am gründlichsten verleumdet wurde.
Heidegger selbst schrieb: „Wer groß denkt, irrt groß.“

Späte Jahre
Nach dem vorübergehenden Lehrverbot und der Pensionierung erfolgt im September 1951 die Emeritierung, womit Heidegger seine Rechte als Professor zurückerhält. Sogleich kündigt er eine Vorlesung an und liest im Wintersemester erstmals wieder in der Freiburger Universität. Seine Vorlesungen hatten großen Zulauf und lösten, wie auch seine Schriften, ein breites Echo aus. Nebenbei hielt er auch Vorträge im kleineren Rahmen.
1947 wurde Heidegger vom Zürcher Psychotherapeuten Medard Boss kontaktiert, woraus eine lebenslange Freundschaft erwuchs. Er hielt die „Zollikoner Seminare“ im Hause von Medard Boss von 1959 bis 1969, wobei er Schweizer Psychiater in der Daseinsanalytik unterrichtete. In Frankreich verband ihn eine enge Freundschaft mit Jean Beaufret. 1955 lernte René Char den deutschen Philosophen in Paris kennen.







Das Grab Martin Heideggers in Meßkirch



René Char lud Heidegger mehrfach zu Reisen in die Provence ein. So kam es zu den Seminaren in Le Thor 1966, 1968, 1969 und in Zähringen 1973, einem Austausch der Dichter und Denker. [55]
Heideggers Denken entfaltete weltweit Wirkung. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die zahlreichen Übersetzungen von „Sein und Zeit“, unter anderem ins Japanische. Auch bei den östlichen Philosophen hinterließ Heidegger eine dauerhafte Wirkung[56]. Hannah Arendt unterstützte die Herausgabe seines Werkes in den USA. Zum 500-Jahres-Jubiläum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 1957 hielt er den Festvortrag „Der Satz der Identität“. Neben dem erwähnten Spiegel-Interview gab er auch vereinzelt Fernsehinterviews. Bedeutsam für ihn waren die beiden Reisen nach Griechenland 1962 und 1967, die Reisen nach Italien 1952 und 1963 mit Medard Boss sowie seine wiederholten Ferien in der Lenzerheide bei letzterem. Am 26. Mai 1976 starb Heidegger in Freiburg. Seinem Wunsch entsprechend wurde er am 28. Mai 1976 in seinem Geburtsort Meßkirch beigesetzt.
Heidegger war davon überzeugt, dass die verstehende Aneignung eines denkerischen Werkes sich an dessen Inhalten zu vollziehen hat – die Person des Denkers tritt somit in den Hintergrund. Daher sind biographische Daten äußerst spärlich, und vieles ist nur durch Briefe oder Berichte von Zeitgenossen zu erschließen. Die geringe Bedeutung, die Heidegger der Person des Denkers zusprach, lässt sich an den Worten ablesen, mit welchen er einmal eine Vorlesung über Aristoteles eröffnete: „Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb. Wenden wir uns also seinem Denken zu.“

Denken als Weg




„Denn es ist nicht Heideggers Philosophie – von der man mit Recht fragen kann, ob es sie überhaupt gibt – sondern Heideggers Denken, das so entscheidend die geistige Physiognomie des Jahrhunderts mitbestimmt hat. Dies Denken hat eine nur ihm eigene, bohrende Qualität, die, wollte man sie sprachlich fassen und nachweisen, in dem transitiven Gebrauch des Verbums 'denken' liegt. Heidegger denkt nie 'über' etwas; er denkt etwas.“
Hannah Arendt: 1969 zu Heideggers 80. Geburtstag[57]

Heidegger selbst hat darauf hingewiesen, dass sein Denken nicht als Kanon von Meinungen aufzufassen ist. In hinterlassenen Aufzeichnungen für ein nicht mehr fertig gewordenes Vorwort seiner Gesamtausgabe schrieb er: „Die Gesamtausgabe soll auf verschiedene Weise zeigen: ein Unterwegs im Wegfeld des sich wandelnden Fragens der mehrdeutigen Seinsfrage. Die Gesamtausgabe soll dadurch anleiten, die Frage aufzunehmen, mitzufragen und vor allem dann fragender zu fragen.“[58]
Die zentrale Stellung des Fragens in Heideggers Werk hat ihren Grund darin, dass Heidegger die Philosophiegeschichte vor allem als eine Geschichte der Verdeckung der grundsätzlichen Fragen interpretierte. Dabei habe die Philosophie nicht nur die Grundfragen – die Frage nach dem Sein – vergessen, sondern auch die Tatsache, dass sie vergessen hat. Ziel des Fragens ist somit bei Heidegger nicht so sehr eine Antwort zu bekommen, sondern durch das Fragen aufzudecken, was ohne es weiter in Vergessenheit geriete. Oder drastischer formuliert: die Antwort besteht bereits in der Tatsache, dass gefragt wurde. So wurde für Heidegger das Fragen zur eigentlichen Konstituente des Denkens: „Das Fragen ist die Frömmigkeit des Denkens.“[59]
Gleichwohl bleibt trotz dieser im Fragen angelegten Offenheit der Zugang zu Heideggers Werk überaus schwierig. Dies liegt nicht zuletzt an Heideggers eigentümlicher, wortschöpferischer Sprache; eine durch ihre Unnachahmlichkeit besonders leicht zu parodierende Diktion. Heideggers Sprache ist – vor allem in „Sein und Zeit“ – geprägt von Neologismen, außerdem erfand er Verben (nichten, lichten, wesen) und verdoppelt die Semantik in Konstruktionen wie „das Nichts nichtet“. In seinem Spätwerk kehrte Heidegger zwar von den Neologismen ab, lud dafür jedoch Worte aus der Alltagssprache semantisch bis zur Unverständlichkeit auf, sodass deren Bedeutung nur noch im Gesamtzusammenhang seiner Abhandlungen zu verstehen ist. Wegen seines Umgangs mit der Sprache wurde Heidegger scharf angegriffen: am prominentesten ist dabei Theodor W. Adornos polemische Schrift „Jargon der Eigentlichkeit“.[60] Heidegger sprach diesen Jargon jedoch nicht um seiner selbst willen, sondern er war vor allem von der Bemühung getragen, sich von der philosophischen Tradition zu lösen und stand so in untrennbaren Zusammenhang zu seinem Inhalt. Für den Leser bedeutet dies, dass er sich zunächst das Heideggersche Vokabular aneignen, ja zum Bewohner dieses Diskurses werden muss, wenn er sich anschließend gleichsam von innen mit dem Heideggerschen Denken beschäftigen möchte. Dolf Sternberger kritisiert genau dies: Auf Heidegger kann man nur mit Heidegger antworten.[61] Den richtigen Umgang mit Heideggers Sprache stellt sicherlich ein Mittelweg dar: Man sollte seine Sprache ernst nehmen und gleichzeitig die Gefahr vermeiden, an Heideggers Sprache zu verfallen, d.h. sie nicht blind übernehmen, ohne sich deren philosophische Inhalte angeeignet zu haben.
Bezüglich Heideggers Werk fällt auf, dass die Anzahl der großen, geschlossenen Abhandlungen eher gering ist. Es finden sich statt dessen vor allem kleine Abhandlungen und Vorträge – eine Form, die Heidegger wohl geeigneter erschien, sein Denken zu vermitteln, zumal sie sich systemähnlichen Konzeptionen in den Weg stellt. Dass für Heidegger Denken und Philosophieren eine Bewegung vollzieht und dabei einen Weg zurücklegt, zeigt sich an Werktiteln wie „Wegmarken“, „Holzwege“ und „Unterwegs zur Sprache“. Denken wird so zum Weg und zur Bewegung, weshalb Otto Pöggeler auch vom Denkweg Heideggers spricht.

Ausgangspunkte
Heidegger wurde als Schüler Husserls von dessen phänomenologischer Methode geprägt, die er jedoch in eigener Anverwandlung nutzte. Er rückte dabei von Husserls transzendentalem Ansatz ab, da dieser für ihn eine Wiedereinsetzung des Subjekts bedeutete. Dem setzte er seine hermeneutische Phänomenologie entgegen, die nicht von einem erkennenden Subjekt, sondern von einem verstehenden Dasein ausgeht – die erkenntnistheoretische Frage, welche als letzte Begründungsinstanz das Subjekt annahm, wurde nun zur hermeneutischen Frage. Er nahm einen schon immer gegebenen Verständnishorizont an, hinter welchen sich nicht zurückgehen lässt.
Weiterhin wurde Heidegger beeinflusst von den Vorsokratikern, bei denen er ein vor-metaphysisches Verständnis vermutete, Platon, Aristoteles, als den Begründern der von ihm kritisierten Metaphysik, Kants Transzendentalphilosophie, die Heidegger als modernen Subjektivismus kritisierte, Kierkegaards Existenzphilosophie, Nietzsches Nihilismus, den Heidegger zu überwinden suchte, und Diltheys geisteswissenschaftlichem Geschichtsverständnis. Heidegger beschäftigte sich außerdem mit ostasiatischem Denken, vor allem mit Laotse und Zhuangzi.
Sein Philosophieren war von zwei Spannungsverhältnissen geprägt, aus deren jeweiligem Gegensatz es seine Kraft bezog: zum einen die Alltäglichkeit unserer Erfahrungswirklichkeit im Verhältnis zur Philosophie, zum anderen die Aktualität der philosophischen Fragen und ihr Bezug zur Philosophiegeschichte. Heidegger integrierte die Philosophiegeschichte in die Entwicklung seines eigenen Denkens und versuchte bei ihrer Rekapitulation das freizulegen, worauf es in der Philosophie gerade ankomme: das Sein. Seinem eigenen Denken wies er dabei eine besondere philosophiegeschichtliche Stellung zu, da es gerade das in Vergessenheit Geratene wieder freilege.
In seiner Hinwendung zu Sprache, Dichtung und Kunst zeigte sich Heidegger vor allem von Hölderlin beeinflusst. Auch seine Konstellation des Spätwerkes, in welcher er versucht, die Welt als Geviert von Sterblichen, Göttlichen, Himmel und Erde zu denken, ist sicherlich von Hölderlin beeinflusst.

Sein und Zeit
Hauptartikel: Sein und Zeit.
Sein Hauptwerk „Sein und Zeit“ entstand unter Zeitdruck und blieb unvollständig: Heidegger hatte seit seiner Habilitation nichts publiziert, sollte aber in Marburg den Lehrstuhl des ausscheidenden Nicolai Hartmann erhalten. Das Ministerium in Berlin verweigerte jedoch die Zustimmung, solange nichts Schriftliches vorlag.

Fundamentalontologie





„Denn offenbar seid ihr doch schon lange mit dem vertraut, was ihr eigentlich meint, wenn ihr den Ausdruck ‚seiend‘ gebraucht, wir jedoch glaubten es einst zwar zu verstehen, jetzt aber sind wir in Verlegenheit gekommen.“
Platon: ca. 360 v. Chr., Sophistes 244 a.






„Haben wir heute eine Antwort auf die Frage nach dem, was wir mit dem Wort »seiend« eigentlich meinen? Keineswegs. Und so gilt es denn, die Frage nach dem Sinn von Sein erneut zu stellen.“
– Heidegger: 1927, Sein und Zeit, S. 1

Zentrales Anliegen von „Sein und Zeit“ ist es, die Frage nach dem Sinn von Sein, die Seinsfrage, erneut zu stellen. Dabei wurde, so Heidegger, seit der ersten Thematisierung des Seins bei den Griechen, das Sein unzureichend und nivellierend aufgefasst. So zum Beispiel in einer Seinsauslegung, die das Sein als bloße Vorhandenheit auffasst, als etwas bloß Vorfindliches. Eine andere Verfehlung stellte für Heidegger der ontologische Reduktionismus dar, welcher versucht, alles Sein auf ein Urprinzip oder ein einzig Seiendes zurückzuführen. Dieses von Heidegger als metaphysisch kritisierte Vorgehen ermögliche es zum einen der Onto-Theologie, innerhalb einer linearen Seinsordnung ein höchstes Seiendes anzunehmen und dies mit Gott gleichzusetzen. Zum anderen diene der ontologische Reduktionismus als Grundlage materialistischer Positionen, wenn in diesen alles Sein auf Materie zurückgeführt wird.
Ausgangspunkt von Heideggers Kritik an solchen Positionen der Ontologie war die ontologische Differenz von Sein und Seiendem. Mit Sein bezeichnet Heidegger in „Sein und Zeit“ den Verständnishorizont, auf dessen Grundlage innerweltlich Seiendes begegnet. Jedes verstehende Verhältnis zu innerweltlich Seiendem muss sich in einem solchen kontextuellen Horizont bewegen, innerhalb dessen das Seiende erst offenbar wird. Die ontologische Differenz markiert den Unterschied zwischen Verständnishorizont und begegnendem Seienden. So wie im Gegebenen das Geben und der Gebende nicht enthalten sind, sondern unthematisch bleiben, ist das Sein die unthematische Voraussetzung für das Seiende. Allerdings ist das Sein stets das Sein eines Seienden, weshalb zwar eine Differenz zwischen Sein und Seiendem besteht, beide aber nie getrennt voneinander auftreten können. Die Gangart des mitgehenden Vorausgehens nannte Heidegger „transzendental“: „Sein ist das transcendens schlechthin. (…) Jede Erschließung von Sein als des transcendens ist transzendentale Erkenntnis.“[62] Das Sein zeigt sich somit als das Nächste, weil es im Umgang mit der Welt immer schon vorausgehend und mitgängig ist. Sein wird allerdings nie explizit, weil es als Verständnishorizont eigentlich unthematisierbar ist – denn ein Horizont kann niemals erreicht werden.
Die Wiederholung der Seinsfrage sollte die ehemals da gewesenen Entscheidungssituationen wieder einholen und „vor sich bringen“. Wird nun eigens das Sein zum Thema erhoben, so wird es gleichzeitig verfehlt. Dies zeigt sich schon durch die Substantivierung „Sein“, die das Sein als innerweltlich Seiendes vorstellt. Später wählte Heidegger, um das Problem der Unthematisierbarkeit bewusst zu machen, gelegentlich auch die Schreibweise Sein. Um also überhaupt über das Sein reden zu können, argumentiert Heidegger, muss von der ontologischen Differenz ausgegangen werden.

Hermeneutische Phänomenologie
Im Anschluss an die von seinem Lehrer Edmund Husserl entwickelte Phänomenologie versuchte Heidegger einen neuen ontologischen Ansatz zu entwickeln, welcher die beschriebenen Unzulänglichkeiten vermeidet. Dabei ging er zu Husserl auf Distanz, vor allem zu dessen Hinwendung zur transzendentalen Phänomenologie. Husserl kehrte später wieder zu einer Phänomenologie zurück, welche das Subjekt als Ausgangspunkt für alle Erkenntnis annahm und blieb so größtenteils im Rahmen der von Kant vorgegebenen Transzendentalphilosophie. Heidegger wollte mit dem Subjekt-Objekt-Schema jedoch radikal brechen und setzte ihm seine hermeneutische Phänomenologie entgegen. In dieser ist nicht mehr das Subjekt Grund des Erkennens, sondern ein je schon wirksames Seinsverständnis liegt dem Zugang zur Welt zu Grunde. Die ontologische und die hermeneutische Dimension fallen dann im Begriff des Seins zusammen: Welt und Verstehen sind das gleiche. Die Welt besteht aus sinnhaften Bezügen der Dinge aufeinander, die der Mensch versteht und nur als eine solche Bedeutungsganzheit ist Welt, sie macht das Sein aus. In einer Art der aneignenden Ablehnung der Tradition, nennt Heidegger das Sein als Verständnishorizont wiederum transzendental. Die Frage nach dem Sinn von Sein ist nicht einfach gleichbedeutend mit der Frage nach dem „Sinn des Lebens“. Sinn meint hier vielmehr, dass in der Welt (Sinn-)Bezüge bestehen und somit die Welt nicht eine bloß amorphe Masse ist. Der Mensch kann die ihm begegnenden Phänomene stets in seinen Verständnishorizont einordnen, wobei es auch eine Einordnung ist, etwas als Unverständliches gelten zu lassen.
Für Sinn als Beziehung ist dabei wesentlich, dass er nicht quantitativ auftritt, sondern eine vollkommen neue Qualität darstellt: Es gibt nicht „ein bisschen Sinn“ und dann „ein bisschen mehr“, sondern, ist einmal Sinn da, so kann man nicht hinter diesen zurückgehen. Gibt es erst einmal grundsätzliche Bezüge in der Welt, so ist diese auch schon „als Ganze“ sinnvoll. Wenn die Welt jedoch als sinnvolle „ist“, so hat dies auch ontologische Bedeutung: da Sinn eine neue Qualität darstellt und somit nicht einfach aus Materie in einem Stufenbau zu konstruieren ist, fallen Sinn und Sein zusammen. Heideggers Beispiel ist der Hammer: dieser hat zwar einerseits Materie, also Holz und Stahl, zur unbestreitbaren Voraussetzung, kann jedoch nicht hierauf reduziert werden, denn sein sinnhafter Bezug zur Welt besteht gerade darin, das er ein Werkzeug mit einer Bewandtnis ist: nämlich zum Nageln eines Brettes, dies zum Hausbau, dies zum Schutz vor Unwetter usf. Sinn führt also als neue Qualität über Materie hinaus. Dies lässt sich, auch wenn Heidegger sich nicht auf diese Theorie bezieht, als Emergenzphänomen beschreiben: der Hammer als Teil der Welt besitzt eine Eigenschaft, die seiner materiellen Zusammensetzung nicht zukommt.
Nach Heidegger ist deshalb der Hammer ontologisch einer eigenen Seinsregion zuzuordnen: dem Zeug (gemeint ist hier: Werkzeug). Eine Ontologie hingegen, die nur Materie und Geist kennt, müsste davon ausgehen, dass Sinnbezüge erst durch den Geist über die Materie „geworfen“ werden. Dies erscheint, so Heidegger, jedoch unplausibel, denn ein einzelner Hammer ist ohne seinen Bezug zur restlichen Welt und ohne seinen Bezug zu anderem Werkzeug gar nicht zu denken. Deshalb gab es für Heidegger nicht so etwas wie ein einzelnes Zeug, sondern dieses ist immer in eine Zeugganzheit, also einen Verweisungszusammenhang von Werkzeugen eingebunden, innerhalb dessen einzig der Hammer Sinn ergibt. Der Verweisungszusammenhang der Zeugganzheit ist geprägt durch eine Umzu-Kette, die im Um-Willen des Daseins mündet. Die Dinge sind für das Dasein zuhanden (dienlich), dies ist dem Dasein vor allem durch seinen praktischen Umgang mit der Welt erschlossen. Diese pragmatistische Auffassung Heideggers besagt, dass der Hammer nicht als bloß Vorhandenes (gegenständliches) erkannt wird, wozu man von seiner Nützlichkeit gänzlich absehen müsste, sondern nur im praktischen Umgang als Zuhandenes im Bewandtniszusammenhang verstanden wird.
In „Sein und Zeit“ führt Heidegger Ontologie und hermeneutische Phänomenologie zusammen, wodurch sich die Fundamentalontologie ergibt: nur das, was Sinn hat, ist auch. Sinnvoll ist die Welt für das Dasein, und eben diesem Dasein ist das Sein gegeben: Dasein ist die Lichtung des Seins. Unter dem Begriff des Seins verstand Heidegger diese Verschränkung von Sinn und Dasein. Wenn er die Frage nach dem Sinn von Sein stellte, dann fragte er auch danach, was Sinn erst möglich macht. Sinn bezeichnet in Heideggers Worten, „das, worin sich die Verstehbarkeit von etwas hält, ohne dass es selbst ausdrücklich und thematisch in den Blick kommt. Sinn bedeutet das Woraufhin des primären Entwurfs, aus dem her etwas als das, was es ist, in seiner Möglichkeit begriffen werden kann.“[63] Sinn ist demnach Verstehbarkeit, die nicht explizit werden muss und nicht bewusst werden muss. Er ist an zwei zeitliche Dimensionen gebunden, nämlich das „aus dem her“ und das „Woraufhin“. Der transzendentale Horizont der Zeitlichkeit erweist sich somit als eine für den Sinn grundlegende Voraussetzung: Sinn muss einerseits stets ein Verständnis vorausgehen, andererseits braucht es eine zukünftige Welt, auf die hin sich das Verstehen ausrichtet. Erst die Zeit ermöglicht also eine gewisse Einheit, welche überhaupt vom Sinn von Sein sprechen lässt. Zeit ist für Heidegger daher auch nicht die äußere messbare Abfolge, sondern eine dem Menschen eigene, innere Eigenschaft, die Zeitlichkeit. Zwar tritt sie im Dreierschema von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf, ist jedoch nicht als lineare Abfolge zu verstehen. Vielmehr sind die drei Ekstasen der Zeitlichkeit, wie Heidegger sagte, im Dasein des Menschen verschränkt und machen erst so etwas wie Sinn möglich. Die Zeit erweist sich als Bedingung für den Verständnishorizont überhaupt.

Daseinsanalyse
Das Sein des Menschen nannte Heidegger Dasein. Die Untersuchung dieses Daseins Fundamentalontologie. Die Frage nach dem Sinn von Sein kann nur von jemandem beantwortet werden, der über Seinsverständnis verfügt. Da dem Dasein diese grundlegende Eigenschaft zukommt, also der Mensch immer schon in einen vorreflexiven Verständnishorizont eingelassen ist, richtet Heidegger seine Befragung folglich an das Dasein.
Hinter den immer schon gegebenen Verständnishorizont lässt sich nicht zurückgehen, er kann nur hermeneutisch erschlossen werden. Durch diese grundsätzlich hermeneutische Ausrichtung kann nicht mehr von einem erkennenden Subjekt ausgegangen werden, sondern von einem verstehenden Dasein. An die Stelle des Erkennens tritt somit das Verstehen. Für Heidegger gilt es deshalb in den hermeneutischen Zirkel einzutreten, um das immer schon gegebene Verstehen zu verstehen. Heidegger wählte als Eintrittspunkt in den Zirkel das Dasein in seiner Alltäglichkeit und brachte zugleich die Philosophie von transzendentalen Spekulationen zurück auf den Boden der gängigen Erfahrungswelt. Dabei oszilliert die Untersuchung zwischen der Frage, wie sich die Sinnbezüge in der Welt für das Dasein darstellen, und andererseits der existenzialen Daseinsanalyse, also der Untersuchung der Strukturen, welche das Dasein konstituieren. Diese Bewegung der Untersuchung gleicht der Beschreibung des hermeneutischen Zirkels: Dasein muss interpretiert werden, damit sich das Sein so zeigt, wie es zum Dasein gehört, anschließend muss aus dieser Perspektive das Sein interpretiert werden, da dies wiederum das Dasein bestimmt. Die ganze Untersuchung muss sich jedoch in diesem Zirkel bewegen, um metaphysische Letztbegründungen wie „das Subjekt“ verhindern.
Um die Überwindung des Subjekt-Objekt-Schemas voranzutreiben, führte Heidegger den Begriff des In-der-Welt-seins ein, welcher die grundlegende Zusammengehörigkeit von Dasein und Welt anzeigen soll. Welt bezeichnet dabei nicht so etwas wie die Summe alles Seienden, sondern meint eine sinnhafte Totalität, eine Bedeutungsganzheit, in welcher sich die Dinge sinnhaft aufeinander beziehen – ähnlich dem umgangssprachlichen Gebrauch, wo etwa von der Welt der Bäuerin oder der Welt der frühen Griechen gesprochen wird. Ging die Transzendentalphilosophie Kants von einem selbstgenügsamen, in sich ruhenden Subjekt aus, dessen Verbindung zur Außenwelt erst hergestellt werden musste, so ist bei Heidegger einerseits dem Dasein immer schon Welt gegeben, andererseits ist Welt überhaupt nur für das Dasein. Der Begriff des In-der-Welt-seins fasst beide Aspekte zusammen.
Bei der Analyse des Daseins zeigt sich das Verhältnis des Daseins zu seinem eigenen Sein in einer binären Struktur von Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit. Da dem Dasein immer schon ein Verständnishorizont vorgegeben ist, kann es diesem in seiner Existenz einfach folgen, ohne ein explizites Verständnis davon zu haben, was Dasein ist: Dasein existiert dann uneigentlich und ist in seinem praktischen Weltbezug an die Welt verfallen. Werden dem Dasein aber die Strukturen seiner Existenz und seines Verständnishorizonts durchsichtig, erschließt sich ihm die Möglichkeit zum eigentlichen Selbst-sein-können. Da das Dasein immer in sein Sein, wie Heidegger sagte, geworfen ist, muss es dieses auch übernehmen: Der Mensch ist kein Was sondern ein Wie, das heißt seine Existenz besteht im Vollzug. Heideggers Formel für das ins Sein geworfene Dasein ist: „Dasein existiert faktisch“. Trifft das Dasein jedoch die beim Existieren stets notwendigen Entscheidungen nicht aus sich selbst heraus, sondern wird durch den vorgegebenen Verständnishorizont, in den es geworfen wurde, gelebt, so vertut es seine Möglichkeit eigentlich zu existieren. Die Begriffe Uneigentlichkeit und Eigentlichkeit zeigen somit das Wechselspiel von Seinmüssen und Seinkönnen an.
Deutlich zeigt sich dies an Heideggers Figur des Man. In seiner Alltäglichkeit ist das Dasein an das Man verfallen, lebt also nicht aus sich selbst heraus, sondern im Rahmen vorgegebener Möglichkeiten, Interpretationen, Denkmuster: „Wir genießen und vergnügen uns, wie man genießt; wir lesen, sehen und urteilen über Literatur und Kunst, wie man urteilt; wir ziehen uns aber auch vom «großen Haufen» zurück, wie man sich zurückzieht;“ Das Man wacht über jede sich hiervon entfernende Ausnahmen: „Alles Ursprüngliche ist über Nacht als längst bekannt geglättet. Alles Erkämpfte wird handlich. Jedes Geheimnis verliert seine Kraft. Die Sorge der Durchschnittlichkeit enthüllt wieder eine wesenhafte Tendenz des Daseins, die wir die Einebnung nennen wollen.“[64]
Zusätzlich vollzog Heidegger eine Umstellung von einer allgemeinen Kategorie „Mensch“ auf die erste Person (die Jemeinigkeit) und brach so mit Traditionen philosophischer Anthropologie. Dadurch unterschied er sich auch von den ungefähr zeitgleichen sozialphänomenologischen Entwürfen George Herbert Meads, Helmuth Plessners oder Alfred Schütz′. In der Gegenüberstellung von Jemeinigkeit und Man suchte Heidegger nach einer Möglichkeit eines authentischen Lebens, dem eigentlichen Selbst-sein-können.
Dabei spielte für ihn die Anerkennung des jemeinigen Todes eine wesentliche Rolle. In Heideggers Todesanalyse erweist sich dieser als ein unhintergehbarer Endpunkt des Lebens aus Entscheidungen: in der Lebensführung ist das Dasein ständig dazu gezwungen Entscheidungen zu treffen, weshalb es sich, so Heidegger, stets auch an ausgeschlossenen Entscheidungen und Möglichkeiten schuldig macht. Erst durch die Integration des Todes in die Selbstwahrnehmung zeigt sich die Lebensführung in ihrem ganzen Gewicht, denn der Tod ist die letzte unhintergehbare Möglichkeit und besiegelt somit endgültig die getroffenen Entscheidungen. Erst durch das Bewusstsein seiner Sterblichkeit ist das Dasein ein Ganzes. Dies fasste Heidegger mit der Formulierung des „eigentlichen Ganzseinkönnens“.
Im Weiteren stellte Heidegger die das Dasein bestimmenden existenzialen Strukturen heraus, die von ihm so genannten Existenzialien, wie Verstehen, Befindlichkeit, Rede usw. Diese fasste er als Momente eines Strukturganzen auf, das er als Sorge bestimmte. Damit erwies sich das Sein des Daseins als Sorge. (Diese Bestimmung des menschlichen Seins als Sorge ist jedoch von Konnotationen wie 'Besorgnis' frei zu halten.)
Heidegger analysierte das mögliche eigentliche oder uneigentliche Verhalten zu diesen Existenzialien. Als Möglichkeit der eigentlichen Existenz erwies sich die Ekstase der Zukunft, auf die hin Dasein sich entschlossen entwirft. Die Ekstase der Gewesenheit – Heidegger lehnte sich hier an Ideen Diltheys an – erwies sich als weiterer Faktor: Indem sich das Dasein „seine Helden“ aus der Vergangenheit wählt und deren gewesene Möglichkeit zum eigentlichen Selbst-sein-können nicht einfach nachmacht, sondern beantwortet, bietet sich ihm in der Wieder-holung der Möglichkeit die Chance des eigentlichen Selbst-sein-könnens.
Eine wichtige Rolle spielen in „Sein und Zeit“ die Befindlichkeit als vorreflexiver Weltbezug des Daseins. Heidegger sah nicht nur das Verstehen (oder gar die reine Vernunft) als Zugang zur Welt, sondern betont, dass 'uns' die Dinge in der Welt etwas angehen. Die Befindlichkeit ist somit für die Erschlossenheit von Welt wesentlich. Besonderer Bedeutung kommt der Angst als Grundbefindlichkeit zu, denn sie erschließt dem Dasein sein In-der-Welt-sein und bringt es vor dieses. Die Angst lässt die Bezugsganzheit des Umzu und Umwillen in sich zusammensinken. Das Dasein wird gleichsam nackt vor sein Selbst-sein-können gebracht: Die Angst holt das Dasein aus seinem verfallenden Aufgehen in der Welt und bringt es vor die Welt als Bezugsganzheit und vor sich selbst als Möglichsein.
Während sich diese Analyse der Zeitlichkeit in „Sein und Zeit“ findet, gelangt das Fragment gebliebene Werk nicht bis zu dem Punkt, auch die Zeit in Bezug zum Sein zu setzen. Lediglich der Begriff der Zeit wird entwickelt, als eine der Zeitlichkeit des Daseins erst entspringende Verdinglichung. So begriff Heidegger Zeit nicht als objektiv ablaufende, sondern zeigt sie als erst durch den Prozess des Messens und somit Objektivierens aus dem Dasein heraus gestellt.

Die Kehre





„Indem es das Wort Sinn von Sein zugunsten von Wahrheit des Seins aufgibt, betont das aus 'Sein und Zeit' hervorgegangene Denken künftig mehr die Offenheit des Seins selbst als die Offenheit des Daseins (…) Das bedeutet die 'Kehre', in der das Denken sich immer entschiedener dem Sein als Sein zuwendet.“
– Heidegger: GA 15, S. 345


Von der Erschlossenheit des Daseins zur Lichtung des Seins [Bearbeiten]
Innerhalb des Denkweges Martin Heideggers vollzog sich zwischen 1930 und 1938 ein Umdenken, welches er selbst als Kehre bezeichnete. Heidegger kehrte dabei von seinem fundamentalontologischen Denken ab und wandte sich einem seinsgeschichtlichem Denken zu. Hierzu führte er eine Unterscheidung zwischen Leitfrage und Grundfrage ein. Dabei bezeichnet Leitfrage das Fragen nach dem Seienden als Seienden und dem Sein des Seienden, wie es Metaphysik und Ontologie seit Platon und Aristoteles tun, während Heidegger mit seiner Formulierung der Grundfrage auf das Sein als solches abzielte. Es ging nach der Kehre nicht mehr um den Sinn von Sein, oder dessen transzendentalen Auslegungshorizont (die Zeit), sondern die Rede vom Sein als solches bezieht sich darauf, wie das Sein sich von sich selbst her sowohl entbirgt als auch verbirgt. (Sieh hierzu auch die Erläuterungen zum Ereignis.)
In „Sein und Zeit“ war noch von der existenzialen Wahrheit als der Erschlossenheit von Welt die Rede, womit Wahrheit als ein dem Dasein eigenes Existenzial aufgefasst wurde. Dies änderte sich nach der Kehre. Heidegger fasste zwar Wahrheit immer noch, wie in „Sein und Zeit“ als Unverborgenheit auf, jedoch wurde nun explizit zum Problem, dass der Mensch diese Unverborgenheit nicht von sich aus herstellen kann, sich das Sein nicht am Dasein ausrichtet, sondern das Dasein vom Zuwurf des Seins und dessen epochal-geschichtlichem Ereignen abhängt. Dasein bleibt jedoch die Lichtung des Seins. Das heißt, damit Wahrheit im Ereignis geschehen kann und sich das Sein in seiner Unverborgenheit zeigt, braucht es immer noch den Menschen als Lichtung – über das Licht das in sie fällt, kann er jedoch nicht verfügen.
Konsequent dachte Heidegger nicht nur das Entbergen vom Sein her, sondern auch das Verbergen, womit eine Verstellung und Verschließung des Seins kein Fehler des Menschen mehr ist, sondern dem Seinsgeschick selbst zugehört. Der Mensch entspricht lediglich dem schon Entborgenen und nimmt davon das Maß für sein Handeln und Besorgen. Dies hält ihn jedoch meist davon ab, einen ursprünglicheren Zugang zu seinem eigenen Wesen als dem Entbergen zugehörig (als Lichtung des Seins) zu erfahren. So wird das Verfallen des Menschen in dieser seinsgeschichtlichen Perspektive nicht mehr wie in „Sein und Zeit“ als Flucht vor der Unheimlichkeit der Existenz erklärt, sondern vom Sein selbst her.
Trotz dieser Gewichtsverlagerung ist es ein übertriebenes, verzerrtes Bild, beim frühen Heidegger von einem heroischen Aktivismus des Daseins zu sprechen und dem gegenüber beim späten Heidegger vom zur Passivität verurteilten Menschen. Dies deshalb, da dieser Vergleich sich an zwei aus dem Gesamtwerk gewaltsam herausgetrennten Aspekten festmacht, die so in ihrer Vereinzelung bei Heidegger nicht vorkommen.[65]

Verwindung der Metaphysik




„Ich habe schon lange gedacht, die Philosophie wird sich noch selbst fressen. –
Die Metaphysik hat sich zum Teil schon selbst gefressen.“
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799): Sudelsprüche[66]

In „Sein und Zeit“ wollte Heidegger die Ontologie auf ihr Fundament zurückführen. Damit blieb er im Bereich der klassischen Metaphysik , verstand er seine Bemühungen ja selbst als Reform und Weiterführung der Ontologie. Heideggers seinsgeschichtliches Denken will jedoch zeigen, dass die Metaphysik nur vom Seienden aus das Sein zu bestimmen versucht und auf das Seiende zu, indem sie die neu gewonnene Bestimmung auf das Seiende anwendet und es sich unter dieser Bestimmung zeigen lässt. Damit aber liegt es von vornherein außerhalb des Blickfelds der Metaphysik, die geschichtliche Entbergung von Wahrheit zu erfassen.
Seinsgeschichte ist also ein Denken, das der Metaphysik per Definition verschlossen bleibt, da diese nur vor-gestelltes Seiendes durchdringen kann, aber das Sein verfehlt. Dieses vor-stellende Denken betrachtet das Seiende als Objekt für ein Subjekt und aktualisiert somit die Subjekt-Objekt-Spaltung. Dadurch inthronisiert es den Menschen als Maß aller Dinge. Das Seiende hat beim Subjekt vorstellig zu werden. Nur was so fest-gestellt und sicher-gestellt wurde, ist auch. Dies war Kern der kantischen Transzendentalphilosophie, die Kant selbst als „kopernikanische Wende“ bezeichnete: nicht das Subjekt hat sich nach der Welt, sondern die Welt nach dem Subjekt zu richten. Kant hatte in der Kritik der reinen Vernunft versucht, durch die der reinen Vernunft gegebenen Kategorien der Erkenntnis dem Erkennen einen sicheren Grund zu geben. Ziel war dabei nicht die Überwindung der Metaphysik, sondern die Schaffung eines gesicherten Fundaments für anschließende Spekulationen. Hier zeigt sich für Heidegger das „metaphysische Bedürfnis“ nach einer Letztbegründung: Das Subjekt (die Vernunft) soll zugleich als Grund für alle Erkenntnis dienen. Es be-gründet das Erkannte. Das begründende Denken bleibt jedoch paradox, da es nur das als begründet anerkennt, was sich dem Subjekt zeigt, aber das Subjekt sich nicht selbst begründen kann. Denn in der reflexiven Selbstversicherung, in der Selbstreflexion, erfasst sich das Subjekt immer nur als Objekt und verfehlt sich somit gerade als Subjekt.
Die Überwindung aller Subjektivität bringt ein Denken mit sich, das ohne Be-gründen auskommt – es fehlt ihm ja das Subjekt als Grund. Heidegger bezeichnete deshalb sein Denken von nun ab als ab-gründig. Vom Ab-grund aus kritisierte er jetzt seine frühe Philosophie: „Überall noch in Sein und Zeit bis an die Schwelle der Abhandlung Vom Wesen des Grundes wird metaphysisch gesprochen und dargestellt und doch anders gedacht. Aber dieses Denken bringt sich nicht ins Freie des eigenen Ab-grundes.“[67]
Durch den Begriff der Kehre versuchte Heidegger einerseits dieses Umdenken zu erfassen und andererseits das Umdenken selber zum Gegenstand der Philosophie zu machen. Als Gegenstand der Philosophie wird es jedoch auch zugleich Teil der Philosophiegeschichte, weshalb die Kehre auch ein philosophiegeschichtliches Phänomen darstellt: Heidegger verstand seine Philosophie selbst als in die Seinsgeschichte „verwoben“.[68]
Die Kehre ist danach durch zwei gegensätzliche Pole bestimmt: einerseits stellt sie einen Bruch im Denkweg dar, eine Abwendung von Metaphysik hin zur Seinsgeschichte, andererseits bezeichnet sie – durch den bleibenden Bezug zum Sein – etwas, das gerade über alle Brüche hinweg Heideggers Denken verbindet; weshalb man sie sowohl als Abkehr als auch als Einkehr bezeichnen kann. Für Heidegger selbst bedeutete dies, dass er keine „Überwindung“ der Metaphysik anstrebte, sondern ihre Verwindung – und zwar dadurch, dass erst „im Gespräch“ mit den großen Denkern die Metaphysik an ihre Grenzen gebracht wird. Heidegger führte aus: „Darum muß das Denken, um der Verwindung der Metaphysik zu entsprechen, zuvor das Wesen der Metaphysik verdeutlichen. Einem solchen Versuch erscheint die Verwindung der Metaphysik zunächst wie eine Überwindung, die das ausschließlich metaphysische Vorstellen nur hinter sich bringt. (…) Aber in der Verwindung kehrt die bleibende Wahrheit der anscheinend verstoßenen Metaphysik als deren nunmehr angeeignetes Wesen erst eigens zurück.“[69]
Heidegger fasste dies in die Rede vom ersten Anfang und vom anderen Anfang. Der erste Anfang des abendländischen Denkens bei den frühen Griechen bezeichnet nach Heidegger die Erfahrung des Seins als Unverborgenheit, was sich im griechischen Wahrheitsbegriff als Aletheia (A-letheia als Un-verborgenheit) ausdrücke. Damit war nicht das Seiende im Zentrum des Interesses der frühen Griechen, sondern die Entbergung zur Unverborgenheit. Der Abfall hiervon und die mit Platon und Aristoteles beginnende Metaphysik, die sich nur noch für das Seiende interessiert, finden ihren Höhepunkt in der durch Nihilismus und Technik hervorgerufenen Erschütterung. Diese Gefahr bietet jedoch auch die Möglichkeit für einen anderen Anfang, der weder ein neuer ist, da er sich die philosophische Tradition und deren Verfehlungen konstruktiv aneignet, noch ist der Rückgang zu den Vorsokratikern durch eine romantisch-restaurative Tendenz bestimmt. Vorherrschend ist hingegen der prospektive Aspekt, der dem Menschen die Wiedereinkehr in sein Wesen ermögliche. Um dies zu erreichen, bedarf es laut Heidegger des Sprungs. Dieser „erspringt die Zugehörigkeit zum Seyn.“[70] Diesen vorzubereiten schickt sich Heidegger in den „Beiträgen zur Philosophie (Vom Ereignis)“ an. Das Werk, verfasst 1936-38 und zu Heideggers Lebzeiten nicht veröffentlicht, gilt als sein zweites Hauptwerk.[71] Die „Beiträge“ zählen zu Heideggers privaten Schriften und sind äußerst kryptisch verfasst, weshalb man Heideggers Hinweis folgen sollte und sich zuvor mit den Vorlesungen der 30er Jahre vertraut machen sollte.[72] Der Sprung ist der Übergang vom ersten zum anderen Anfang und somit ein Vordringen in das seinsgeschichtliche Denken. Ihn wagen, so Heidegger, „nur wenige und sich nicht Kennende.“ Diese werden sich „auf die Nähe zum Seyn sammeln, die alle »Lebensnahen« befremdlich bleiben muß.“[73] Erst durch diese neu gewonnene Nähe zum Sein wird auch die Ankunft des „zukünftigen Gottes“ möglich, erst dann nämlich sind die Menschen bereit für das Göttliche. Heidegger unternimmt, wie auch mit seiner Hölderlin-Deutung, in den „Beiträgen“ den Versuch das Göttliche jenseits aller metaphysischen Konstrukte zu denken.
Im Kontext der „Beiträge“ sind auch die Schriften „Besinnungen“ (1938-39, GA 66), „Die Geschichte des Seyns“ (1938-40, GA 69), „Über den Anfang“ (1941, GA 70), „Das Ereignis“ (1941-42, GA 71) und „Die Stege des Anfangs“ (1944, GA 72) zu verorten.
Eine andere Metapher für den Übergang von der traditionellen Metaphysik hin zum seinsgeschichtlichen Denken ist Heideggers Rede vom „Ende der Metaphysik“ bzw. „Ende der Philosophie“ und dem „Anfang des Denkens“, wie sie sich in Heideggers Vortrag „Das Ende der Philosophie und die Aufgabe des Denkens“ (GA 14) findet.

Technikkritik




„Der Mensch ist auf dem Sprunge, sich auf das Ganze der Erde und ihrer Atmosphäre zu stürzen, das verborgene Walten der Natur in der Form von Kräften an sich zu reißen und den Geschichtsgang dem Planen und Ordnen einer Erdregierung zu unterwerfen. Derselbe aufständige Mensch ist außerstande, einfach zu sagen, was ist, zu sagen, was dies ist, dass ein Ding ist.“
– Heidegger: Holzwege GA 5, S. 343

Während Metaphysik eigentlich als eine das klassische und antike Denken bestimmende Figur gilt, welche in der Neuzeit in die Krise gerät, verband Heidegger mit ihr eine Technikkritik, deren Wesen wiederum historisch angelegt ist. Technik als Phänomen der Moderne und Metaphysik als Überlieferung werden in diesem Ansatz also zusammen gedacht. Kern der Heideggerschen Kritik ist dabei die Aussage, dass das technische Weltverständnis andere Weisen des Verstehens überlagert.
Metaphysik betrifft die bleibenden, theoretischen Prinzipien, während die Technik den praktischen Bezug zur veränderlichen Umwelt des Menschen bestimmt. Hier zeigt sich eine wechselseitige Beziehung: das Denken bestimmt, was praktisch umgesetzt wird, und der Praxisbezug bestimmt wiederum die Interpretation der Welt. Beide Richtungen bestimmen sich somit gegenseitig. Jedoch ist es mehr als eine bloße Beeinflussung: jede der beiden Seiten ist konstitutiv für die andere, das heißt ohne Denkbestimmung keine Praxis und ohne Praxis keine Interpretation der Welt.
Während nun die gängige Interpretation in Neuzeit und Moderne sowie im technischen Zeitalter etwas vollkommen Neues sieht, das nur als Bruch mit ehemals Gewesenem zu verstehen ist, verlagerte Heidegger den Ursprung der Technik zurück in die Antike. Dies betrifft vor allem den Zeitraum zwischen den Vorsokratikern und der entstehenden Metaphysik bei Platon und Aristoteles.
Heideggers Betrachtung der Wissenschaft stellt einen ihrer Aspekte besonders hervor: sie ist eine spezifische Art Seiendes zu entdecken. Eigenschaften des wissenschaftlichen Vorgehens sind Rechnen, Vergegenständlichen, Vorstellen und Sicherstellen. Diese prägen ihre Weise des Sehens und Befragens von Naturvorgängen. Berechnet werden Gegen-Stände. Heidegger betonte beide Teile des Wortes: was Gegenstand ist, wird gegenüber einem Subjekt zum Objekt, nur „was dergestalt Gegenstand wird, ist, gilt als seiend.“[74] Nur das also, was der Mensch in dieser Form vor sich bringen kann, wird als seiend betrachtet. Der zweite Teil des Begriffs Gegenstand betont das Fest- und Sicherstellen als Methode der Wissenschaft. Hierin zeigt sich ein der Metaphysik nicht unähnliches Bedürfnis im Subjekt-Objekt-Bezug einen Grund für alles Seiende zu finden. Dadurch wird der Mensch seinerseits „Maß und Mitte des Seienden“[75]. Diese zentrale Stellung des Menschen verstärkt jedoch wiederum die neuzeitliche, mit Descartes einsetzende Subjektivität. Nur was sich in dieser Weise der Welterschließung zeigt, wird anerkannt, während ein ursprünglicher Weltbezug, wie ihn Heidegger bei den Vorsokratikern entdeckte, ins Hintertreffen gerät. Die Vorsokratiker hatten, so Heidegger, in ihrem Weltbezug das Von-sich-her-Sein der Dinge und ihr Sich-selbst-Offenbaren noch integriert.
Die Technik bricht durch die ihr eigene Verobjektivierung die sinnhaften Bezüg in der Welt und biegt diese um auf das Subjekt. Damit verliert die Welt jedoch ihren Charakter als Welt und wird zum Rohstoff für das Subjekt degradiert.

Technik als Gestell



„Das Wasserkraftwerk ist nicht in den Rheinstrom gebaut, wie die alte Holzbrück, die seit Jahrhunderten Ufer mit Ufer verbindet. Vielmehr ist der Strom in das Kraftwerk verbaut. Er ist, was er jetzt als Strom ist, nämlich Wasserdrucklieferant, aus dem Wesen des Kraftwerks.“
– Heidegger: Die Frage nach der Technik (GA 7), S. 16, 1953

Technik bringt Dinge zur Erscheinung, die sich nicht von selbst zeigen. Damit hat sie wesentlich Teil am Prozess der Weltentdeckung. Soweit jedoch betrifft dies nur eine Seite der Art, wie Technik die Welt entdeckt. Denn, so Heidegger, auf der anderen Seite liefert das technische Weltentdecken die Interpretation über das, was mit dem Entdeckten zu tun ist, gleich mit: das Entdeckte wird gleichzeitig Objekt der Manipulation. Heidegger sagte, die Technik stellt die Dinge auf ihre Verwendbarkeit. Daher die Rede von Technik als Ge-stell. Technik ist ein Herausfordern, das z.B. „an die Natur das Ansinnen stellt Energie zu liefern, die als solche herausgefördert und gespeichert werden kann.“[76] Im Bezug auf das einleitende Zitat, heißt dies: Der Rhein wird auf seinen Wasserdruck hin ge-stellt. Selbst wenn, so Heidegger, der Rhein trotz allem noch als Erholungsgebiet dient, dann wird er auf seine Erholungsqualitäten als touristisches Urlaubsziel hin ge-stellt. Heidegger setzt dieser Art des Weltbezugs das spezifisch Nicht-stellende entgegen, wie es in Hölderlins Hymne „Der Rhein“ zum Ausdruck kommt.
Durch seinen Willen zur Herstellung und Vorstellung der Dinge, so Heidegger, übergehe der Mensch das „Eigengewicht der Dinge.“ Damit wird Natur zum „Bestand“, den es zu erschließen und verarbeiten gilt. Hiermit geht eine Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation einher, indem das Mittel zum Zweck erhoben wird und der Sinn des Verwirklichens in die Steigerung des Möglichen gehoben wird. In diesem Punkt trifft sich Heideggers Kritik mit anderen technikkritischen Ansätzen. Es wird „die Nutzung eine Vernutzung“, die Technik hat nur noch ihre eigene „Ziellosigkeit zum Ziel.“[77]
Zugleich mit dieser Zweck-Mittel-Verkehrung vollzieht sich eine Verselbstständigung des technischen Prozesses. Zwar findet technisches Handeln „nicht jenseits menschlichen Tuns“ statt, aber es vollzieht sich „nicht nur im Menschen und nicht maßgebend durch ihn.“[78] Der Mensch kommt im wahrsten Sinne des Wortes selber unter die Räder, er wird zum „Besteller des Bestandes“ degradiert. Im äußersten Fall führt dies dazu, dass der Mensch selber zum Bestand wird, als welcher er dann nur noch soweit interessiert, wie er der Sicherung zielloser Möglichkeiten dienbar gemacht werden kann. Ähnlich der Kritik am Begriff des Humankapitals erinnerte Heidegger an die Rede vom „Menschenmaterial“.[79]
In einem ZDF-Gespräch von 1969 verdeutlichte Heidegger, dass es keine Technikfeindschaft ist, die ihn zu seinen Überlegungen gebracht hat: „Zunächst ist zu sagen, dass ich nicht gegen die Technik bin. Ich habe nie gegen die Technik gesprochen, auch nicht über das so genannte 'dämonische' der Technik, sondern ich versuche das Wesen der Technik zu verstehen.“ Heidegger äußerte weiterhin seine Besorgnis über die Entwicklung in der Biotechnologie: „(…) so denke ich an das, was sich heute als Biophysik entwickelt: Dass wir in absehbarer Zeit im Stande sind den Menschen so zu machen, d.h. rein seinem organischen Wesen nach so zu konstruieren, wie man ihn braucht.“[80]

Bezug zur Metaphysik
Wirklich verständlich wird das Wesen der Technik nach Heidegger erst, wenn seine Beziehung zur Metaphysik betrachtet wird. So erweist sich der im technischen Prozess eingeschlagene Irrweg als ein notwendiges Stadium der Seinsgeschichte, durch das das abendländische Denken hindurchgehen muss. Was den geschichtlichen Fortgang dabei wesentlich bestimmt, ist das Verhältnis des Menschen zum Sein. Gerade hier zeigt sich jedoch der Mangel des abendländischen Denkens, da es noch nie wirklich das Sein zu denken vermochte. Dies zeigt sich an der Fixierung der Metaphysik auf Seiendes, wodurch die Grundfrage ungefragt bleibt: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?“[81]
Dabei hat aber die vorsokratische Philosophie dies noch zu denken vermocht, wie Heidegger am Begriff der ἀλἠθεια als Unverborgenheit ausmacht. Metaphysik setzt dann laut Heidegger ein „mit dem Zurückdrängen dieses (prozessualen) Aspekts zugunsten der (vergegenständlichenden) Hinwendung zu demjenigen, was in dieser Entbergung hervortritt, zu seiner bestimmten Gestalt (εἷδος), seinem Aussehen. Was das Seiende ist, erhält den Vorrang über das Sein und das Dass-Sein;“[82] So geht es bei Platon zum Beispiel nur noch darum, wie sich das Seiende im Lichte der Ideen zeigt, die Bedingung der Unverborgenheit gerät hingegen nicht mehr in den Blick.
Eine Vollendung der Metaphysik sah Heidegger bei Nietzsche. Heidegger sah im angeblichen Zertrümmerer der Metaphysik als deren Vollender hinstellt: denn in Nietzsches Denkfigur des „Willens zur Macht“ kehrt lediglich die idealistische Metaphysik um: das was ist bestimmte Nietzsche als das Leben, das sich als Wille zur Macht äußere. Bei ihm erfährt das moderne Subjekt mit seinem Machtstreben die höchste Steigerung. Selbsterhaltung potenziert sich zur Selbststeigerung, der Wille zu Macht zum „Willen zu Mehr-Macht.“[83] Dieser Selbstbezüglichkeit wohnt eine Destruktivität inne, eine ziellose und „bedingungslose Vernutzung des Seienden“, welche in der „Verwüstung der Erde“ resultiert.[84]
Somit wird der Mensch einerseits zum „Herrn der Erde“, andererseits wird er durch die Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation vom Gestell entmachtet und zum bloßen Moment des alles umspannenden technischen Prozesses. Jeder Winkel des Planeten ist in die technische Beherrschbarkeit integriert und der Mensch trifft überall nur noch sich selbst, weil er durch die technische Art der Weltentdeckung sich selbst als Maß vorgibt. Lässt er so das Seiende sich nicht mehr von sich selbst her zeigen, geht mit diesem Prozess ein Wahrheitsverlust einher. Der Mensch steht nicht mehr in seinem ursprünglichen Verhältnis zum Sein, als der von der Entbergung Angesprochene. Der Wahrheitsverlust bedeutet also auch einen Selbstverlust.
Ob es dem Menschen gelingt, wieder zu seinem Wesen zu finden, ist keine Frage des subjektiven Entschlusses, sondern vom „Geschick der Entbergung“ selber abhängig[85]. Die Möglichkeit der Änderung des Seinsverständnisses, weg vom technischen hin zum Seinsdenken, liegt dabei in der Gefahr selber. Heidegger zitierte Hölderlin: „Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch.“ Das „Wo“ im Worte Hölderlins gibt den topologischen Diskurs vor: Der Ort der Errettung fällt mit dem Ursprung der Gefahr zusammen. Das Rettende muss aus dem selben erwachsen, das seinerseits die Verwüstung hervorbringt: „Meine Überzeugung ist, dass nur von dem selben Orte aus, an dem die moderne technische Welt entstanden ist, auch eine Umkehrung sich vorbereiten kann, dass sie nicht durch eine Übernahme von Zen-Buddhismus oder anderen östlichen Welterfahrungen geschehen kann. Es bedarf zum Umdenken der Hilfe der europäischen Überlieferung und deren Neuaneignung.“[86]

Seinsgeschichte
Seinsgeschichte bezeichnet das geschichtliche Verhältnis des Menschen zum Sein. Dabei ist Geschichte nicht mehr der kausal aufeinander bezogene Geschehenszusammenhang, sondern ihr bestimmendes Moment wird die „Wahrheit des Seins.“ Der Bezug des Menschen zum Sein wird nun als geschichtlicher Prozess des Entbergens und Verdeckens interpretiert, wobei sich der Zugriff auf die Wahrheit dem Menschen entzieht: dieser kann sich nur für das Sein, für die Wahrheit offen halten.

Eine Welt ereignet sich
Seinsgeschichte meint nicht die Geschichte des Seins – denn dies hat keine Geschichte – sondern die Geschichte der Ent- und Verbergungen, durch welche sich epochal eine Welt als Bedeutungsganzheit ereignet und von woher sich dann bestimmt, was wesentlich und was unwesentlich ist.[87] Dabei ist die Geschichte als Seinsgeschichte kein „Prozess“, der von einer zentralen Macht reguliert wäre: nur das Dass – dass Seinsgeschichte ist – kann gesagt werden.[88]
Hierbei kommt der Philosophie eine entscheidende Rolle zu, denn sie ist der Ort, an welchem der „Zuwurf des Seins“ zur Sprache kommt und der von ihr denkerisch erfasst wird. Dies darf allerdings nicht so missverstanden werden, als würde die Philosophie mit ihren theoretisch-metaphysischen Entwürfen die Geschichte hervorbringen: „Daß sich seit Platon das Wirkliche im Lichte von Ideen zeigt, hat Platon nicht gemacht. Der Denker hat nur dem entsprochen, was sich ihm zusprach.“[89] Durch diesen Rückgriff auf die Philosophie ist die Seinsgeschichte wesentlich ein abendländisch-europäisches Ereignis, welches sich jedoch in jüngster Zeit durch die technologische Zivilisation auch global ausbreitet uns somit andere Völker betrifft. In diesem Zusammenhang hat Heidegger sich wiederholt besorgt darüber gezeigt, dass die Technik, durch ihre Faszination, die sie auf andere Völker ausübt, diese dazu verleitet, ihr Eigenes zu vernachlässigen oder gar über Bord zu werfen. Hieran zeigt sich, dass Heideggers Beschränkung der Seinsgeschichte auf das Abendland nicht als Abwertung anderer Kulturen zu verstehen ist, zumal Heidegger europäische Geschichte überwiegend als Krise interpretiert.[90]
Die Unterteilung der Seinsgeschichte erfolgt in Epochen, wobei Heidegger auf die Etymologie des Wortes Epoché als von griechisch „an sich halten“ verweist: das Sein hält in seinem Zuspruch an den Menschen an sich; es ist also Ver- und Entbergen der Wahrheit zugleich. Eine seinsgeschichtliche Epoche ereignet sich durch den Zuwurf des Seins. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem Begriff Ereignis zu. Vom Sein aus ereignet sich erst was ist. Man darf das Sein nicht als ontische, also innerweltliche Macht verstehen, die über den Menschen verfügt. Das Sein darf weder genealogisch noch kausal aufgefasst werden. Es ist vielmehr der Verständnishorizont des Menschen, in dessen Licht sich das Seiende zeigt. Zeigt sich das Seiende in einem bestimmten Licht – zum Beispiel durch materialistische oder idealistische Weltbilder – dann ist damit darüber entschieden, was wesentlich und was unwesentlich ist, ja was überhaupt ist. Nur aus dem was ist kann sich jedoch geschichtlich ein neuer Bezug zur Wahrheit entwickeln: nur aus gegebenen Verständnishorizonten können sich neue Horizonte entwickeln. Heidegger braucht nun den Begriff Ereignis um einen solchen Übergang anzuzeigen. Gleichzeitig vermeidet er durch ihn einen gewissen Mangel, wie ihn die Verwendung ideologischer Termini des Idealismus und Materialismus mit sich bringen. Würde man versuchen mit diesen das geschichtliche Verhältnis des Menschen zur Wahrheit zu denken, so ergäbe sich ein ständiger nicht aufzulösender Rückbezug zwischen den beiden: auf die Frage, wie ein neuer idealistischer Verständnishorizont möglich ist, würde auf die verbesserten materiellen Bedingungen verwiesen – für eine Verbesserung der materiellen Bedingungen, ist jedoch ein besseres Verstehen der Naturvorgänge Voraussetzung.
Heideggers Rede vom Ereignis, von Seinsgeschick und Seinsentzug hat, durch die Deutung als unabwendbares Schicksal, ihm oft den Vorwurf des Fatalismus eingebracht. Dem lässt sich entgegenhalten, dass das Seinsgeschick kein ontisches (in der Welt vorkommendes) Schicksal ist, das über die Menschen herrscht, sondern eben ein Seins- und Weltgeschick, wonach das durchschnittliche Verhalten der Menschen in bestimmten Bahnen verlaufen wird. Hierin drückt sich lediglich die Tatsache aus, „dass nämlich der Mensch nicht als autonomes Subjekt Geschichte macht, sondern dass er (…) immer auch schon selbst von der Geschichte „gemacht“ ist in dem Sinne, dass er in ein Überlieferungsgeschehen eingebunden ist, über das er nicht einfach disponieren kann, sondern das ihn in gewisser Weise disponiert.“[91] Schon gar nicht darf man darunter also verstehen, dass alles was dem Menschen im Einzelnen widerfährt, diesem Geschick zu verdanken ist.

Epochen der Seinsgeschichte
Seinsgeschichte ist überwiegend Verfallsgeschichte, die von einem frühen Zuspruch des Seins bei den Griechen von zunehmender Seinsverlassenheit geprägt ist und ihre höchste Steigerung in der planetarischen Technik und dem Nihilismus findet.
Hatten die frühen Griechen noch eigens die Wahrheit als Unverborgenheit (ἀλἠθεια) gedacht und somit den prozessualen Aspekt von Wahrheit als Entbergen erkannt, so tritt für Heidegger mit Platon die Metaphysik auf den Plan. Nachdem die Sophisten die Auffassung von Wahrheit erschüttert hatten, versuchte dieser ihnen durch seine Ideenlehre ein absolut Sicheres entgegenzustellen. Indem er das Seiende in seiner Erkennbarkeit von der Idee abhängig machte, tritt der Bereich des Erscheinenden (und somit Vergänglichen) dem Unvergänglichen und daher einzig wahrhaft Seienden, den Ideen, entgegen. Die Idee selbst verursacht dabei das Seiende und die Unwandelbarkeit der Idee ermöglicht Aussagen von absoluter Gültigkeit. Damit wurde aber Wahrheit, so Heidegger, das erste Mal als vom Menschen unabhängig gedacht. Der Ort der Wahrheit hatte sich somit verschoben. Wahrheit wird zur Angleichung des Vorstellens an ein Vorgestelltes, worüber ihre eigentliche Voraussetzung, also Unverborgenheit, vergessen wird.
Von nun ab wurde es möglich, durch methodische Ausrichtung sich dem Vorgestellten anzugleichen. Diese Auffassung schlägt sich in der hohen Bedeutung nieder, die dem Logos beigemessen wird. Der Mensch wird zum vernunftbegabten Tier, zum animal rationale; sein Werkzeug ist der Logos, mit welchem er über das Vorgestellte verfügt. Der Logos entlässt aus sich die Logik als eigene Disziplin, die nun im Feld des Denkens ausschließliche Geltung beansprucht. Mit ihr lässt sich in wissenschaftlicher Strenge vom als eigentlich Seienden angesetzten, also bei Platon den Ideen, bei Aristoteles die Form, alles andere, was ist, also das Sein ableiten. Nach Platon und Aristoteles kommt es dann zur Bildung von Schulen, in welchen die Philosophie dogmatisiert wird.
Das christliche Mittelalter blieb im Fahrwasser dieses metaphysischen Denkens. Die Verstellung wurde sogar noch größer, da zuvor die Römer durch ihre Übersetzung der griechischen Begriffe (a-letheia, idea, energeia usw.) ins Lateinische die ursprüngliche Erfahrung der Denker nicht mehr verstanden hatten. Das christliche Mittelalter setzte zudem einen Schöpfergott als oberstes Seiendes ein. Damit wurde Sein zu Geschaffensein (ens creatum). Das Geschaffene scheint zugleich von Gott rational bestimmt. Dies bereitete den Rationalismus vor, laut dem der Mensch durch seine Vernunft das Seiende verstehen und beherrschen kann.
Als sich zu Beginn der Neuzeit der Bezug des Seins von Gott zu lösen begann, blieb nur noch das moderne cartesische Subjekt, das das Seiende als Objekt erfasste und ihm sein eigenes Maß vorgab. Der in der Subjektivität latent angelegte Wille zur Erfassung und Beherrschung von allem, was er selbst nicht ist, schlägt sich dann in Nietzsches Willen zur Macht nieder. Um zu beherrschen setzt der Wille oberste Prinzipien an, denen sich alles unterzuordnen hat: die moralischen Werte. Der Wille ist ein Werte setzender Wille. Nachdem die metaphysischen Gebäude in sich zusammenbrachen, blieben nur noch die ethischen Werte des Christentums. Mit dem von Nietzsche ausgerufenen Tod Gottes beginnt das Zeitalter des Nihilismus, welches bis heute andauert. Auch Nietzsche hat, so Heidegger, den Nihilismus durch seine „Umwertung aller Werte“ zu überwinden versucht. Indem Nietzsche die Welt nicht durch Geist und Ideen bestimmt sah, sondern umgekehrt Geist, Ideen und Werte als Ausprägungen des Lebens aufgefasst hat, blieb er jedoch innerhalb der Metaphysik, weil „die Umkehrung eines metaphysischen Satzes (…) ein metaphysischer Satz“ bleibt.[92]
Heidegger weitete die seinsgeschichtliche Betrachtung auch auf die Grundstimmungen aus. War „Sein und Zeit“ noch von der Grundstimmung der Angst geprägt, so wandelt sich diese mit den „Beiträgen zur Philosophie“ zur Verhaltenheit. Die Verhaltenheit als Grundstimmung des anderen Anfangs ist ein Zugleichsein zweier Stimmungsmomente, der Scheu und des Erschreckens. Die Erfahrung des Nihilismus stimmt das Denken ins Erschrecken. Hierdurch bietet sich die Möglichkeit, einen anderen Bezug zum Sein zu gewinnen, was zur „Scheu vor dem anklingenden Ereignis“ führt.[93] Heidegger hatte in seinen Texten „Was ist Metaphysik?“ und „Einführung in die Metaphysik“ das Sein mit dem Nichts gleichgesetzt. Dies erfolgte im Anschluss an Hegels berühmte Formel „Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe“.[94] Wenn das Sein nämlich kein Seiendes ist, sondern als Verständnishorizont niemals erfahren oder vorgestellt werden kann, so kann es auch nicht als Seiendes dargestellt werden. Was aber nicht als Seiendes dargestellt werden kann ist offensichtlich differenzlos. Differenzlos ist insbesondere das Nichts. Sein und Nichts sind dasselbe differenzlose Absolute. Heidegger denkt bewusst das Nichts nicht als Negation des Seienden, sondern als zum Wesen des Seins dazugehörig. Als dieses Nichthafte im Sein hat es selber Teil an der Entbergung und Verbergung im Ereignis. Ist die Unverborgenheit Voraussetzung dafür, dass überhaupt etwas ist, dann ist ebenso das Nichthafte (das Sein als Nichts) die Voraussetzung dafür, dass nichts ist, denn „das Nicht entsteht nicht durch die Verneinung, sondern die Verneinung gründet sich auf das Nicht, das dem Nichten des Nichts entspringt.“ Deshalb konnte Heidegger 1929 in „Was ist Metaphysik?“ schreiben: „Das Nichts nichtet.“[95] In den nach 1936 entstandenen „Beiträgen“ betonte Heidegger den positiven Effekt des Nichts: Erst durch den Entzug des Seins tritt dieses eigens hervor und lässt auf die konstitutiven Momente des Seinsverständnisses achten. Das Nichtende im Sein selbst ist damit das, was ins Sein und seine Wahrheit ent-setzt. Es wird daher als Geschenk erfahren, da es die Möglichkeit eines veränderten Bezugs zum Sein bietet.

Seinsgeschichte und Technik
Heideggers Technikkritik weist viele Parallelen zu anderen Deutungen auf, welche Entfremdung, subjektive Herrschaft, Machtsteigerung und technische Rationalität thematisieren. Allerdings unterscheidet sie sich durch ihre seinsgeschichtliche Interpretation grundlegend von diesen, da sie nicht die Eigenmacht politischer, sozialer und ökonomischer Kräfte als Kernproblem ausmacht, sondern die Ursache im Entbergen des Seins selber sucht. So ist z.B. metaphysisches Denken nicht als Verfehlung des Menschen anzusehen, da es „im Wesen des Seins selbst [liegt], dass es ungedacht bleibt, weil es sich entzieht“[96] Dabei ist es weder so, dass die Erkenntnis im einzelnen Denker aufgeht, noch im Geist einer Epoche oder Kultur, sondern Heidegger gründete das Denken in den Inhalten des Denkens selber, im „Eigentum des Seins, dessen Zuwurf das Denken in seine Entwürfe auffängt.“[97] Damit bleibt für den Menschen nur, sich offen zu halten für das, was ihm entgegenkommt – es nicht mehr darum, andere Denkformen zu entwerfen. Andererseits vollzieht sich Seinsgeschichte nur im menschlichen Tun, also in Wissenschaft, Technik, Kunst und Politik: das Sein ist also wiederum auf den Menschen angewiesen, damit seine Wahrheit zur Sprache kommt. Damit ist die Technikkritik Heideggers wesentlich geschichtliche und nicht auf den praktischen Umgang mit Technik im Einzelnen beschränkt. Dem Menschen bleibt innerhalb des geschichtlichen Prozesses zudem eine Möglichkeit, ein neues Verhältnis zur Technik zu erlangen.

Rückbesinnung auf Kunst und Dichtung
Seit etwa den Jahren 1929/30 wendete sich Heidegger verstärkt Sprache und Dichtung, wie der Kunst überhaupt als geschichtsgründender Macht zu. Heidegger entdeckte in diesen Formen des Weltbezugs Alternativen zum metaphysischen und berechnend-technischen Zugang zur Welt, wie er sich mit der modernen Zivilisation ausbreitet. Die Kunst ist dabei auch ein Mittel sich mit der Technik auseinander zu setzen, denn „weil das Wesen der Technik nichts Technisches ist, drum muss die (…) Auseinandersetzung mit ihr in einem Bereich geschehen, der einerseits mit dem Wesen der Technik verwandt und andererseits doch von ihm grundverschieden ist. Ein solcher Bereich ist die Kunst.“[98] Verwandt sind Kunst und Technik durch ihren Bezug zum Wahrheitsgeschehen. Sie unterscheiden sich jedoch darin, dass die Kunst die Wahrheit eröffnet, während die Technik sie verstellt. Das heißt jedoch nicht, dass die Technik Seiendes falsch entdeckt, aber durch ihre Hinwendung zum Seienden bringt sie den Menschen nicht in Bezug zum Sein. In der Kunst hingegen erblickte Heidegger eine solche Möglichkeit.
In der Dichtung erkannte Heidegger eine für die Verwindung der Metaphysik geeignete Sprachlichkeit, da sie einen Welt- und Selbstbezug in nicht-propositionaler Form bietet. (Siehe hierzu auch die Erläuterungen zur Sprache.) Damit vermeidet Dichtung tendenziell die Aufspaltung in ein Subjekt, das sich mit seinen Aussagen auf ein Objekt bezieht. In der Dichtung Friedrich Hölderlins entdeckte Heidegger einen entscheidenden Bezug zur Seinsgeschichte und maß an ihr die dem modernen Menschen diagnostizierte Heimatlosigkeit sowie das Undichterische seines gegenwärtigen Weltaufenthalts. Auch Heideggers Konstellation des Spätwerks, das „Geviert“ von Erde, Himmel, Sterblichen und Göttlichen, darf als stark durch Hölderlin inspiriert angesehen werden.
Heidegger trat mit Hölderlin in eine exzessive Zwiesprache von Dichten und Denken, die weit jenseits von literaturwissenschaftlichen Zugängen liegt. So kommt es, dass Heideggers Hölderlin-Interpretation selbst wieder der Interpretation bedarf.

Hölderlin als „Geschick“







Hölderlins Dichtung wurde von Heidegger als Geschick gedeutet.




„Die geschichtliche Bestimmung der Philosophie gipfelt in der Erkenntnis
der Notwendigkeit, Hölderlins Wort das Gehör zu verschaffen.“
– Heidegger: Beiträge GA 65, S. 422

Heideggers Rekapitulation der Philosophiegeschichte und ihrer Deutung als Seinsgeschichte, fasste den Beginn der Philosophie als Verfehlung auf. Philosophie beginnt mit der Metaphysik, also mit dem Vergessen dessen, worum es ihr eigentlich geht: des Seins. „Indes befällt die Vergessenheit als anscheinend von ihm Getrenntes nicht nur das Wesen des Seins. Sie gehört zur Sache des Seins selbst, waltet als Geschick seines Wesens.“[99] Dabei verwendete Heidegger den Begriff des Wesens auch um eine prozessuale Komponente anzuzeigen. Es gehört nun außerdem zum Wesen des Seins, dass es verfehlt wird. Beides zusammengenommen bezeichnete Heidegger als „Geschick“. In seiner Anlehnung an „Schicksal“ beinhaltet der Begriff zugleich, dass der Mensch in diesen geschichtlichen Prozess unabdingbar verwoben ist. Nach Heidegger ist Hölderlin der erste, der die Seinsverlassenheit als geschichtliches Phänomen zur Sprache bringt. Die Seinsverlassenheit fasst Hölderlin, so Heidegger, als die „Götternacht“, die Abwesenheit der Götter.
In Heideggers zweitem Hauptwerk, den „Beiträgen zur Philosophie“ (GA 65), tritt Hölderlin daher als „das erste Daß der Seynsgeschichte im Übergang von Metaphysik in das Erdenken des Seyns“ (zur Schreibweise „Seyn“ siehe den nächsten Abschnitt) auf. Hölderlin ist somit der erste, der erkennt dass Seinsgeschichte ist. Ihm kommt die geschichtliche Rolle zu, nach der Abkehr von der Metaphysik der erste zu sein, der „Nähe und Ferne der gewesenen und künftigen Götter zur Entscheidung gestellt“ hat.[100] Hölderlin selbst sah die Aufgabe des Dichters „in dürftiger Zeit“ darin, die von ihm erwartete Ankunft des zukünftigen Gottes in Gestalt von Dionysos-Christus vorzubereiten. Für Hölderlin haben die Menschen zwar großes wissenschaftliches Wissen erworben („die Vielwissenden“), jedoch darüber die Fähigkeit verloren die Dinge, die Natur und die menschlichen Beziehungen in ihrer Vielheit und Lebendigkeit wahrzunehmen. Das Göttliche ist bei ihm kein Jenseitiges, sondern es äußert sich in einer gewandelten Beziehung zwischen den Menschen und im Umgang der Menschen mit der Natur. Es ist eine Lebensauffassung in deren Zentrum der Jubel über das In-der-Welt-Sein steht. Heidegger sah sich dabei als der Denker, der als erster Hölderlins Dichtung „hören“ kann.
Dabei war es Heideggers Anliegen, 'uns' Hölderlin näher zu bringen, da seine Dichtung 'uns' „schicksalhaft angeht.“[101] Um dies herauszuheben, wollte Heidegger Hölderlin von jeglicher literaturwissenschaftlichen, politischen, philosophischen und ästhetischen Betrachtung entkoppeln, um einzig in der von seinen Gesängen eröffneten Wahrheit zum Stehen zu kommen. Erst wenn die Sterblichen wieder in den An- und Zuspruchsbereich des Göttlichen kommen, lässt sie dies wieder „heimisch“ werden. Inwieweit dies geschieht, ist dabei nicht ausgemacht: „Ob wir es einmal noch erkennen? Hölderlins Dichtung ist für uns ein Schicksal. Es wartet darauf, daß die Sterblichen ihm entsprechen. Was sagt Hölderlins Dichtung? Ihr Wort ist: das Heilige. Dies Wort sagt von der Flucht der Götter.“[102]
Dabei dachte Heidegger das Göttliche nicht scholastisch in Form eines Schöpfergottes, der die Erde geschaffen hat. Damit wäre Gott wieder „Ursache des Seienden“ und das Sein zum ens creatum (Geschaffenem) degradiert. Eine solche traditionelle Vorstellung impliziert ein Kausalitätsprinzip zwischen Gott und dem Geschaffenen und reproduziert somit ein Denken, das auf Letztbegründungen aus ist. Dem entgegen wollte Heidegger den Gott nicht als Entstehungs- und Erklärungsgrund denken, sondern von allen genealogischen und kausalen Denkzwängen befreien.
Das Göttliche entsprach bei Heidegger eher einer Art Ordnungsprinzip, welches die Dinge sammelt und in einer geordneten Vielfalt hält. Es bringt ein neues Verhältnis der zwischenmenschlichen Beziehungen und bietet so einen Grund für das menschliche Miteinander. Ohne diesen „gründenden Grund“, steht der Mensch am „Abgrund.“[103] Er sieht sich dem „Fehl Gottes“ (Hölderlin) ausgesetzt. Um den „gründenden Grund“ jedoch ohne die oben genannten metaphysischen Erklärungen zu denken, wählte Heidegger in „Der Satz vom Grund“ die Metapher von Gott als Lautenspieler. Hierzu zitierte er den Spruch von Angelus Silesius: „Ein Herze, das zu Grund Gott still ist, wie er will, / Wird gern von ihm berührt: es ist ein Lautenspiel.“[104] Gott ist also der Spieler und das Herz seine Laute. Ohne ihn bliebe das Herz ohne Musik. Dazu aber – „ein Herz das von Grund Gott still ist“ − muss das Herz richtig gestimmt sein, damit es auf Gott anspricht, anklingt.[105]
Damit das Göttliche erscheinen kann, braucht es die Worte des Dichters. Bei dessen Gesängen kann es sich jedoch nicht um eine fixierende Präsentation des Göttlichen handeln. Sie fordern vielmehr auf zu einem Mitgehen und gemeinsamen Sehen. Dies schlägt sich auch im Sprachcharakter der Dichtung nieder: das Sagen „erschweigt“ das sich Enthüllende und zugleich Verbergende.

Hölderlins Dichtung als Stiftung des Seyns





„Was bleibt aber, stiften die Dichter.“
Hölderlin, 1803, Andenken

Für Hölderlin war der Dichter Kulturbegründer. Entsprechend Homer und Hesiod sah er die Aufgabe des Dichters darin, durch Gesänge die Kultur eines Volkes zu stiften. Weil Hölderlin diese Macht des Dichtertums zum Thema machte, nannte ihn Heidegger den „Dichter des Dichters“: wie der Staatsmann den Staat gründe, so stifte der Dichter Kultur, Sitten und Bräuche. Die ihm zukommende Aufgabe sei dabei an seinem Wort „Voll Verdienst, doch dichterisch wohnet der Mensch auf dieser Erde“ (Hölderlin, „In lieblicher Bläue“) abzulesen.
Der sich nach Meinung Heideggers in Hölderlins Dichtung aussprechende Übergang vom Nicht-mehr hin zum Noch-nicht der Götter, bedarf noch eines Denkers, der dem Eröffneten entspricht und es begrifflich fügt und bewahrt. In diesem Zusammenhang sind auch die „Beiträge“ zu sehen.[106] Hölderlin bestimme eine neue Zeit, nämlich die wegen der Abwesenheit der Götter „dürftige Zeit“. Dies zu begreifen und zu erfahren, bestehe den Deutschen noch bevor, so Heidegger. Hölderlin war für ihn der erste, welcher sich der erschütternden Erkenntnis der Götternacht ausgesetzt hat und der „stellvertretend und deshalb wahrhaft seinem Volke die Wahrheit“ erwirkte.[107]
Hölderlin bereite jedoch auch die Ankunft des zukünftigen Gottes vor, indem er das Göttliche als neues Verhältnis der Menschen zueinander und zur Natur versteht. Seine Dichtung ist „worthafte Stiftung des Seins“[108] als ein neuer Bezug zum Seyn. Mit der Schreibweise „Seyn“ versuchte Heidegger diesen neuen, eigentlichen Bezug des Menschen zum Sein zu betonen. Hölderlins Dichtung war für Heidegger das Wort, welches dem Heiligen entspricht und in seinem Kommen als Hymnen zum „rufenden Wort“ wird. Dies jedoch ist „noch ungehört, aufbewahrt in die abendländische Sprache der Deutschen“.[109]
Im Wintersemester 1941/42 hielt Heidegger eine Vorlesung zu Hölderlins Hymne „Andenken“ (GA 52). Dabei interpretierte er das Gedicht als ein Andenken an das Gewesene, das griechische Götterfest, und ein aus diesem Denken heraus beginnenden anderen Anfang. Hölderlins Hymnen waren für Heidegger − analog zu seinem eigenen Denken − explizit nicht mehr metaphysisch. 1942 radikalisierte er diese These in einer Vorlesung zu „Der Ister“ (GA 53): er stellte das Ereignis des Heiligen als Heimischwerden im Eigenen der seinsvergessenen metaphysisch-technischen Weltauffassung unserer Zeit entgegen. Hölderlins Heimkunft fasste er als „Rückkehr in die Nähe zum Ursprung“.[110] In der letzten Strophe sah er einen Anruf des Dichters an die Denker, damit diese ihm helfen. Damit ist Heimkunft „die Zukunft des geschichtlichen Wesens der Deutschen“, dieses Volkes der Dichter und Denker. „Denn jetzt müssen zuvor Denkende sein, damit das Wort des Dichtenden vernehmbar wird.“[111] Entsprechend der in seiner Technikkritik formulierten Sorgen sah Heidegger in dem Vortrag „Wozu Dichter?“ die in der Gefahr inbegriffene Möglichkeit zur Besinnung. Sich besinnen heißt über die eigenen Motive Rechenschaft abzulegen. Damit dies möglich wird, muss der Mensch sich zunächst in die Gefahr begeben, sich ihrer bewusst werden. Zunächst vermögen dies nur Wenige, die Dichter und die ihnen zugehörigen Denker.[112] Hier brachte Hölderlins Wort „Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch“ („Patmos“) Heideggers Denken auf den Weg.
Dass bei alledem Heideggers Deutungen und seine Weise des Nennens entbergend-verbergend blieben, mag der großen „Nähe“ zum Göttlichen geschuldet sein, denn, so sagt Hölderlin: „Aber weil so nahe sie sind die gegenwärtigen Götter / Muß ich seyn, als wären sie fern, und dunkel in Wolken / Muß ihr Nahme mir seyn“ („Der Archipelagus“).
1970 konfrontierte Heidegger dann in „Das Wohnen des Menschen“ (GA 13) das dichterische Wohnen mit der undichterischen Vermessenheit und Maßlosigkeit des Zeitalters, da Gott fehlt.

Die Wahrheit und die Kunst





„Im Werk der Kunst hat sich die Wahrheit des Seienden ins Werk gesetzt.“
– Heidegger: Holzwege GA 5, S. 21

Heidegger hat seine Gedanken zur Kunst in einem 1935 gehaltenen Vortrag mit dem Titel „„Der Ursprung des Kunstwerkes““ (Holzwege, GA 5) vorgestellt. Inwieweit sich hierbei noch von einer Ästhetik im üblichen Sinne sprechen lässt, ist schwierig zu beurteilen. Behandelt man sie einmal so, ließe sich sagen, dass die zentrale Kategorie in Heideggers Ästhetik nicht mehr das Ideal des Klassizismus, die Schönheit ist, sondern das der Wahrheit. Gleichwohl erweist sich Schönheit als eine der wesentlichen Weisen, wie sich Wahrheit „ins Werk setzt.“
Der Vortrag ist, wie der Titel schon anzeigt, eine „Ursprungs-Theorie“, wobei Ursprung nach Heidegger das meint, woher eine Sache ihr Wesen hat. Der Begriff des Wesens fasst wiederum das, was und wie eine Sache ist, unter sich zusammen. Für Heidegger zeigte sich jedoch bei der Suche nach dem Ursprung, dass der Künstler nur ist, indem er Kunstwerke hervorbringt, das Kunstwerk aber nur, weil es durch den Künstler gefertigt wurde: „Der Künstler ist der Ursprung des Werkes. Das Werk ist der Ursprung des Künstlers. Keines ist ohne das andere. Beide haben ihren Ursprung in der Kunst.“[113] Somit wird die Frage nach dem Ursprung des Kunstwerkes, zur Frage nach dem Ursprung der Kunst.
Zwei Thesen entfaltete Heidegger in seinem Vortrag: zum einen die, dass sich Wahrheit „ins Werk setzt.“ Zum anderen, dass der Kunst durch die Stiftung der Wahrheit eine geschichtsgründende Macht zukommt.
Für Heidegger war ein Kunstwerk nicht etwas Abstraktes, weshalb er äußerst ausführlich die Dinghaftigkeit des Kunstwerkes erläuterte. „Die Werke werden verschickt, wie die Kohle aus dem Ruhrgebiet (…) Hölderlins Hymnen waren während des Feldzuges im Tornister mitverpackt, wie das Putzzeug.“[114] Aber das Kunstwerk scheint über dieses Dinghafte hinaus noch etwas mehr zu sein. Zunächst muss aber verstanden werden, was ein Ding ist. Heidegger schlug drei Interpretationen vor, die er jedoch als unzureichend kritisiert:



Den ersten beiden Punkten ist gemeinsam, dass es ihnen am richtigen Abstand zum Ding fehlt: erstere Auffassung ist zu theoretisch, die zweite klebt zu sehr an den Sinnesdaten. Um das Kunstwerk gegenüber der dritten Auffassung und gegenüber dem Zeug abzugrenzen, definiert Heidegger das Werk nicht über seine Eigenschaften, sondern unterscheidet es der Seinsweise nach vom Zeug. Ihm kommt eine eigene Seinsregion zu, die durch den Prozess des Sich-ins-Werk-Setzen der Wahrheit bestimmt ist. Heideggers Ästhetik macht somit nicht die ästhetische Erfahrung, wie bei Kant und Nietzsche, zum Grundbegriff, sondern das Werk.
Nachdem Heidegger vorgreifend die Kunst durch das Ins-Werk-Setzen der Wahrheit bestimmt hat, ist der eigentliche Vortrag der Untermauerung dieser Ansicht gewidmet. Die Argumentation Heideggers ist dabei wie folgt: Das Wesen des Werkes liegt darin, dass es eine Welt aufstellt. Hierdurch stellt es die Erde her. Erde und Welt sind im Streit, der Vollzug dieses Streits findet im Werk statt. Der Streit besteht zwischen Lichtung und Verbergung und ist somit ein Urstreit. Als Prozess vollzieht sich dieser Streit durch das Ins-Werk-Setzen der Wahrheit, hierdurch stiftet er gleichzeitig Wahrheit.
Entsprechend seinem schon in „Sein und Zeit“ ausgearbeitetem Welt-Begriff, bezeichnet dieser auch hier eine Welt als verstandene Bedeutungsganzheit, deren Sinnbezüge sich uns vor allem im praktischen Umgang, durch den Vollzug erschließen. Es ist ein rein formaler Begriff, weshalb Heidegger analog zum umgangssprachlichen Gebrauch auch von der Welt der Bäuerin oder der Welt der Griechen sprechen konnte. Wenn nun das Kunstwerk eine Welt eröffnet, dann bedeutet dies, dass es die im praktischen Weltbezug stets unthematisch bleibende Bedeutungsganzheit eigens in den Blick bringt. Es stellt dem Betrachter seine sinnhafte Totalität von Bezügen und Verweisungen vor Augen.







Vincent van Gogh: Stilleben, Ein Paar Schuhe



Wie sich zum Beispiel die Welt einer Bäuerin im Kunstwerk eröffnen kann, demonstriert Heidegger anhand eines Bildes von Van Gogh, welches zwei Bauernschuhe zeigt:





„Aus der dunklen Öffnung des ausgetretenen Inwendigen des Schuhzeuges starrt die Mühsal der Arbeitsschritte. In der derbgediegenen Schwere des Schuhzeuges ist aufgestaut die Zähigkeit des langsamen Ganges durch die weithin gestreckten und immer gleichen Furchen des Ackers, über dem ein rauher Wind steht. Auf dem Leder liegt das Feuchte und Satte des Bodens. Unter den Sohlen schiebt sich hin die Einsamkeit des Feldweges durch den sinkenden Abend. In dem Schuhzeug schwingt der verschwiegene Zuruf der Erde, ihr stilles Verschenken des reifenden Korns und ihr unerklärtes Sichversagen in der öden Brache des winterlichen Feldes. Durch dieses Zeug zieht das klaglose Bangen um die Sicherheit des Brotes, die wortlose Freude des Wiederüberstehens der Not, das Beben in der Ankunft der Geburt und das Zittern in der Umdrohung des Todes. Zur Erde gehört dieses Zeug und in der Welt der Bäuerin ist es behütet.“[117]

Die Welt der Bäuerin zeigt sich als eine sinnhafte Beziehung zwischen Acker, Wind, Boden, Korn, Feldweg und Zeug (Schuhen). Die sinnhafte Beziehung zeigt sich als Dienlichkeit des Zeugs. Das Zeug dient in der Welt zu etwas. Der Sinnbezug des Zu setzt aber die Verlässlichkeit des Zeugs voraus, also die erdhafte Grundlage des Zeugs. Sie hält erst die Welt zusammen. Nur im Zeug sind Welt und Erde da, nur hier zeigen sich Beziehung und deren Voraussetzung. Damit ist das Wesen des Zeugs gefunden – aber nicht durch eine Beschreibung des Zeugs, sondern des Bildes von Van Gogh: „Dieses hat gesprochen. In der Nähe des Werkes sind wir jäh anderswo gewesen, als wir gewöhnlich zu sein pflegen.“ Es ist die „Eröffnung dessen, was das Zeug, die Bauernschuhe, in Wahrheit ist. Dieses Seiende tritt in die Unverborgenheit des Seins heraus. Im Werk ist (…) ein Geschehen der Wahrheit am Werk.“[118]
Wesentlich für den Wahrheitsbegriff als Lichtung ist, dass Heidegger ihn mit der Verbergung verknüpfte: Das Verbergen gehört zum Wesen der Wahrheit. Dies deshalb, da unser Verständnishorizont kein fester, absoluter Grund ist, von dem aus alles Seiende in seinem Was auszulegen wäre: Verständnishorizonte ändern sich, die Welt als Bedeutungsganzheit eröffnet sich in verschiedener Weise. Damit können wir aber Wahrheit nicht mehr einzig auf unseren Verständnishorizont zurückführen, sondern sind auf das Seiende angewiesen, darauf dass es sich so zeige, wie es ist. Das Seiende ist also Bedingung für die Wahrheit. Da es aber auch als Schein trügen kann, liegt in der Bedingung für die Wahrheit gleichermaßen Lichtung und Verbergung. Dies meinte Heidegger, wenn er vom Urstreit von Lichtung und Verbergung sprach. Im Kunstwerk zeigt sich dieser Streit: „Zum Wesen der Wahrheit als der Unverborgenheit gehört dieses Verweigern in der Weise des zwiefachen Verbergens.“[119]
Dem Menschen ist nun immer schon faktisch ein Verständnishorizont gegeben, innerhalb dessen Seiendes als sinnhaftes begegnet. Wenn sich der Urstreit nun konkret vollzieht, so tut er dies als Streit von Welt und Erde. Dabei ist Welt nun die einem konkreten Volk, zum Beispiel den antiken Griechen, gegebene Welt. Erde bedeutet nun das innerhalb dieser Welt sinnhaft begegnende Seiende. Daher ist Erde nicht einfach der materielle sich sinnlich zeigende Grund als Gegensatz zu einer darüber liegenden Welt der Sinnbezüge.
Das Beispiel der Bauernschuhe könnte nahelegen, dass Heidegger an eine Nachahmungstheorie anknüpft. Um sich jedoch hiervon abzugrenzen wählte Heidegger außerdem das Beispiel eines griechischen Tempels, denn „mit welchem Wesen welchen Dinges soll denn ein griechischer Tempel übereinstimmen?“[120]
Statt nachzuahmen, ist die Wahrheit im Tempel als etwas Sammelndes im Werke. Der Tempel eröffnet einen Ort für Tod und Geburt, Sieg und Schmach, Ausharren und Verfall, also die Sphäre der menschlichen Welt.







Das Erechtheion auf der Akropolis in Athen.



Durch sein Herausragen in die natürliche Umwelt, die Φὐσις (physis), schafft er zugleich eine Offenheit, in der erst Pflanzen, Tiere und andere Naturerscheinungen ihren Ort haben. Er lichtet dieses Worauf und Worin der Mensch sein Wohnen gründet: die Erde. Der Tempel gibt erst das Ganze frei, innerhalb dessen das Einzelne begegnen kann. Heidegger dachte also das Ganze nicht als Summe seiner Teile, vielmehr gerade umgekehrt: „Wir kommen dem, was ist, eher nahe, wenn wir alles umgekehrt denken (…)“[121] Die Welt ist also nicht eine Anhäufung von Dingen, sie ist kein einzelner Gegenstand, sie ist nur als geschichtliches Geschehen („Welt weltet“) und damit Teil der menschlichen Angelegenheiten. Ihr Gegensatz ist die Erde.
Im Offenhalten der Welt war das Werk für Heidegger zugleich herstellend, aber nicht im Sinne eines Produzierens: Während im Zeug der Stoff in der Dienlichkeit aufgeht und verschwindet, lässt das Werk den Stoff erst erscheinen: „der Fels kommt zum Tragen und Ruhen und wird so erst Fels (…) der Ton zum Klingen, das Wort zum Sagen.“[122] Dies dadurch, dass das Werk sich zurücknimmt in die Erde, so lässt es „die Erde eine Erde sein.“ Nur in der Kunst kommt so die Erde als das, was sie ist, zum Erscheinen. Die naturwissenschaftliche Erkenntnis vermag dies nicht zu greifen: „So ist z.B. die Farbe nur im Aufleuchten erfahrbar: Wenn wir sie verständig messend in Schwingungszahlen zerlegen, ist sie fort. Sie zeigt sich nur, wenn sie unentborgen und unerklärt bleibt.“[123] Hier zeigt sich das Wechselspiel von Verbergung und Lichtung: entweder versteht man Farbe und ihre Bedeutung in der Welt der Bäuerin, oder wir zerlegen die Farbe in elektrodynamische Schwingungen, wodurch ihr Bezug zur Welt jedoch abreißt. Dieses der Erde eigentümliche Verschließen im Entweder-Oder wird durch den Streit im Werk in die Offenheit gebracht. Der Stein, der als bloßes Masseding betrachtet und dessen Gewicht erfasst wird, zeigt sich nur als vorhandener, kein Weg des Verstehens führt von dort dahin, ihn als Last zu begreifen. „Lästig“ ist er nur in einer sinnhaften Welt, in welcher er sich dem menschlichen Tun durch seine Last in die Quere stellt.
Man kann sagen, dass sich ein Kunstwerk somit von anderen bedeutungshaften Gebilden dadurch unterscheidet, dass es die Bedeutung gerade explizit macht. Die Bedeutung, also Bewandtnis eines Hammers erschließt sich gerade durch den praktischen Umgang mit ihm – und verschließt sich somit zugleich, da sie unthematisch im Hintergrund bleibt. Im Betrachten eines Kunstwerks vollzieht sich der Streit von Verbergung und Lichtung dadurch, dass sich der Betrachter einerseits auf die im Kunstwerk dargestellten sinnhaften Gebilde einlassen muss, um überhaupt eine Welt zu verstehen, diese verschwinden in der Welt, andererseits macht das Kunstwerk die Welt als sinnhafte Totalität gerade explizit.
Das Schaffen des Künstlers ist ein Hervorbringen, aber nicht zu verwechseln mit der Anfertigung von Zeug. Als τέχνη (téchne) bedient es sich zum Hervorbringen in die Unverborgenheit der φὐσις. Das Wesen des Schaffens wird also vom Wesen des Werkes her bestimmt. Wie bereits erwähnt, ist aber die Wahrheit nicht etwas, dessen sich der Mensch bedienen könnte: „Wahrheit geschieht nur so, daß sie in dem durch sie selbst sich öffnenden Streit und Spielraum sich einrichtet.“[124] Eine Weise dieses Sich-einrichtens ist das Sich-ins-Werk-setzen der Wahrheit und so liegt auch in der Wahrheit ein „Zug zum Werk.“ Das Geschaffensein des Werkes ist der in die Gestalt gebrachte Streit. Mit diesem Begriff streifte Heidegger die zu jener Zeit im Schwange befindliche Gestaltpsychologie: Das Festgestelltsein der Wahrheit ist die Gestalt.
Es tritt nun das Geschaffensein des Werkes an diesem hervor, jedoch meint dies nicht, dass erkennbar ist, dass ein Künstler es angefertigt hat, sondern es zeigt sich ein „Stoß“ ins Sein. Eben dieses „dass“ es ist, kommt dem Kunstwerk als etwas besonderes zu: „Je einsamer das Werk, festgestellt in die Gestalt, in sich steht, je reiner es alle Bezüge zu den Menschen zu lösen scheint, um so einfacher tritt der Stoß, daß solches Werk ist, ins Offene (…)“[125] Während das Dass-Sein des Zeugs meist bei dessen Verwendung für uns verborgen bleibt, indem es in der Bewandtnisganzheit aufgeht, sind für Heidegger Dinge gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie in ihrem Dass-Sein besonders hervortreten. Dies gilt ganz besonders für Kunstwerke, weshalb Heidegger ihr Dass-Sein als Stoß ins Sein bezeichnet.
Aber auch das Werk braucht den Rezipienten als Bewahrer, um die durch es eröffnete Offenheit zu erbringen. Diese – man würde wohl sagen ästhetische – Empfindung fasste Heidegger als „das extatische Sicheinlassen des existierenden Menschen in die Unverborgenheit des Seins.“[126] Nur hierdurch wird das Werk nicht durch den Rekurs aufs Subjekt und dessen Empfindungen zum „Erlebniserreger“ herabgesetzt. Nach Heideggers Vorstellung soll das Werk außerdem die Menschen zum Miteinandersein führen.
Für Heidegger war der Künstler nicht „geniales Subjekt“, sondern er schöpft im künstlerischen Schaffen aus der Geschichtlichkeit des Menschen. Die Geschichte verschenkt ihr Zuviel an Wahrheit, sie stiftet Neues und das Neue ist wiederum Aufgang von Geschichte. Darin liegt die geschichtsgründende Macht der Kunst als Ursprung. Heidegger sah keine besondere Rolle des Künstlers, dieser tritt vielmehr gegenüber dem Kunstwerk zurück. Der Prozess der Kunstproduktion gleicht einem „im Schaffen sich selbst vernichtenden Durchgang für den Hervorgang des Werkes.“[127]
Das Kunstwerk bringt sich nur im Vollzug zur Geltung, also dadurch, dass es dem Betrachter seine Welt als sinnhafte Totalität eröffnet. Herausgerissen aus diesem Kontext, wird es aus seinem Wesensbereich entfernt. Daher sah Heidegger die Welt der vorhandenen Werke als Zerfallene, die Werke sind ortlos und nur noch als Gewesene. Heidegger kritisiert den sich daraus ergebenden Umgang mit den Werken im Kunstbetrieb mit Kunstkennern, Kunstrichtern, Kunstgenuss, Kunsthandel und Kunstgeschichtsforschung. Das Kunstwerk „stirbt“ gleichsam, wenn es in Sammlungen versetzt und so aus seinem Wesensbereich herausgerissen wird. Im Anschluss an Hegel, der bereits das Ende der Kunst festgestellt hatte, sah Heidegger die Zukunft der Kunst daher überaus kritisch, sollte es nicht gelingen einen Zugang zu ihr abseits der nur auf das Kunsterlebnis beschränkten Rezeption zu finden.

Nähe zum Sein




„Angesichts der (…) Heimatlosigkeit des Menschen zeigt sich dem seinsgeschichtlichen Denken das künftige Geschick des Menschen darin, daß er in die Wahrheit des Seins findet und sich zu diesem Finden auf den Weg macht.“
– Heidegger: „Brief über den Humanismus“ GA 9, S. 341


Das Wesen des Menschen
Mit Bezug auf die frühen Griechen thematisierte Heidegger das Selbstverständnis des Menschen. So sei in den Anfängen der Philosophie, bei den Vorsokratikern, der Mensch „zum Wahrer der Unverborgenheit des Seienden be-stimmt“ worden.[128] Damit einher ginge ein ursprüngliches Staunen und das Wissen, dass die Unverborgenheit sich nicht von selbst ergibt, sondern dass der Mensch sie zu wahren hat. Diese Wahrung des Seienden vollzieht der Mensch, indem er dem Seienden das Werk entgegenbringt: in den Werken der Schaffenden, Dichtenden, Denkenden und Staatsmänner wird dem Seienden ein Erscheinen gewährt.
Mit den Anfängen der Metaphysik jedoch wird der Mensch nicht mehr als Wahrer des Seins verstanden, sondern als animal rationale. Damit verliert sie jedoch die Frage aus den Augen, in welcher Weise das Wesen des Menschen zur Wahrheit gehört und verschließt sich letztendlich gänzlich „dem einfachen Wesensbestand, daß der Mensch nur in seinem Wesen west, indem er vom Sein angesprochen wird.“[129] Ein solcher Humanismus, wie in Heidegger in seinem Brief an Jean Beaufret kritisierte, der den Menschen nur als animal rationale denkt und nicht im Bezug zum Sein, bestärke den Menschen nur in seinem herrschaftlichen Gehabe. Er rücke ihn in die Mitte des Seienden und spreche ihm einen ausgezeichnete Stellung zu. So „kreist der Mensch, ausgestoßen aus der Wahrheit des Seins, um sich selbst als animal rationale“.[130]
Heidegger sah hingegen das Wesen des Menschen in seiner Nähe zum Sein, was er in der oft belächelten Formulierung des Menschen als „Hirt des Sein“ zu verdichten suchte.[131] Dass hierbei vom Hirten und nicht vom Herrn des Seins die Rede ist, zeigt an, dass der Mensch auf das Sein achtsam sein soll. Nach dieser Bestimmung des Menschen richteten sich nun auch Heideggers denkerischen Anstrengungen: sie sollen dem Menschen die Einkehr in sein Wesen ermöglichen.

Heimkehr
Es gilt damit, so Heidegger, „nur erst eigens dorthin [zu] gelangen, wo wir uns schon aufhalten“[132] Diese Einkehr soll die im Zeitalter des Nihilismus begründete Entfremdung und „Heimatlosigkeit“, wie Heidegger mit Nietzsche und Hölderlin sagte, überwinden. Sie gelingt, wenn der Mensch in der Achtsamkeit auf das Sein, der Ankunft des Ereignis entspricht. Dabei braucht einerseits das Sein die Achtsamkeit des Menschen, es braucht ihn als „Unterkunft“, andererseits braucht der Mensch das Sein, damit er zu seinem Wesen findet. Den Gedanken dieser „Zusammengehörigkeit“ entdeckte Heidegger schon bei Parmenides in der von diesem ausgesprochenen Identität von Denken und Sein. In einer Gedankenkette von „ge-hörsam“, „ge-horsam“ hin zu „füg-sam“ kam Heidegger zu seiner oft zitierten Formel, das Fragen sei die Frömmigkeit des Denkens.
Um die mit der neuzeitlichen Subjektzentriertheit einhergehende Aufschwingung des Menschen zum „Herrn des Seins“ zu überwinden, muss sich, so Heidegger, der Mensch wieder seiner Endlichkeit und seines Wesens bewusst werden. In diesem Zusammenhang kehren die aus „Sein und Zeit“ bekannten Existenzialien wieder, wie Sorge, Sein zum Tode, Entschlossenheit, Angst usw. Dabei wird nun Sorge als Sorge um die Offenbarkeit des Seins gedeutet. In einer umdeutenden Selbstinterpretation stellte Heidegger diese nun so dar, als seien sie schon zur Zeit der Abfassung von „Sein und Zeit“ so gedacht worden.







„Am Feldweg“ in Meßkirch. „Die Weite aller gewachsenen Dinge, die um den Feldweg verweilen, spendet Welt. (…) Aber der Zuspruch des Feldweges spricht nur so lange, als Menschen sind, die, in seiner Luft geboren, ihn hören können. (…) Er gibt die unerschöpfliche Kraft des Einfachen. Der Zuspruch macht heimisch in einer langen Herkunft.“[133]



War noch in „Sein und Zeit“ das Dasein allein die Lichtung des Seins und musste „Wahrheit (Entdecktheit) (…) dem Seienden immer erst abgerungen werden“, somit eine Aneignung die „gleichsam immer ein Raub“ war[134], so brauchen nun Mensch und Sein einander. Dieses Brauchen ist jedoch keines, das sich als Aneignen oder Verbrauchen äußert. Im Brauchen schmiegt sich der Mensch vielmehr den Verhältnissen an. Der Mensch ist in diesem Zusammenhang nicht einmal das Subjekt des Brauchens. Heidegger verdeutlichte dies an einem Vers Hölderlins aus dessen Hymne „Der Ister“:

„Es brauchet aber Stiche der Fels

Und Furchen die Erd',

Unwirthbar wäre es, ohne Weile;“
„»Es brauchet« sagt aber hier: eine Wesenszugehörigkeit besteht zwischen Fels und Stichen, zwischen Furchen und Erde innerhalb des Wesensbereiches, der sich mit dem Bewohnen der Erde eröffnet. Das Wohnen der Sterblichen hat seinen eigenen Ort.“[135] Über diesen inneren Zusammenhang von Erde und Mensch kann der Mensch jedoch nicht verfügen. Das Und, welches die Ortschaft für das Wohnen der Sterblichen gründet, ist vielmehr eine uralte Ordnung. „Der Mensch wohnt, indem er sich diesem Verhältnis anschmiegt. Sich bemächtigen kann sich der Mensch nicht des Und.“[136] Auch kann der Mensch das Und nicht technisch herstellen, oder es herbeiführen. Dass der Mensch sich dem Und anschmiegt, kann sich lediglich ereignen. In der „Achtsamkeit auf das Sein“ kann der Mensch dem Ereigneten jedoch entsprechen, als der vom Sein angesprochene und gebrauchte.

Geviert
Heideggers Konstellation der Welt als Geviert muss als Gegenentwurf zu der von ihm konstatierten Heimatlosigkeit und Seinsverlassenheit des modernen Menschen verstanden werden. Dieser setzt sich selbst ins Zentrum alles Seienden und erschließt durch seine planend-berechnende Subjektivität alles ihn Umgebende nur im Hinblick auf die Verwertbarkeit als Rohstoff oder Energiequelle. Damit beraubt sich der Mensch selbst seiner Welt, als einer sinnhaften Totalität, welche auch Beziehungen beinhaltet, deren Verweisungskette nicht in das Um-Willen des Menschen mündet. Dies versagt dem Menschen das Wohnen.[137]
Das Geviert muss als räumliches Komplement zum zeitlichen Ereignis verstanden werden. Es spannt durch vier Dimensionen einen (nicht euklidisch gedachten) Raum auf, bestehend aus Himmel und Erde, Sterblichen und Göttlichen. Die Sterblichen sind nach Heidegger diejenigen, die „den Tod als Tod vermögen“[138] Was nun diesen Raum erst in seiner Räumlichkeit ausmacht, nennt Heidegger das „Wohnen“. Wohnen ist die Räumlichkeit in der Zeit. Die Sterblichen wohnen aufgrund ihrer Endlichkeit. Damit bestimmte Heidegger das Seinsverhältnis der Menschen explizit als „Sterblichkeitsverhältnis“: „Das Wohnen aber ist der Grundzug des Seins, demgemäß die Sterblichen sind.“[139]
Den zeitlichen Aspekt dieses Zeitraumes macht das Ereignis aus. Damit wird der Zeitraum dynamisch: er ist nur, indem er sich ereignet. Dieses Ereignen fasste Heidegger als „das ereignende Spiegel-Spiel“,[140] also einen Bezug der vier „Weltgegenden“ aufeinander. Dieser ist dabei nicht als Repräsentation der einen in der anderen zu verstehen, sondern als Innigkeit, als differente Differenzlosigkeit. Die Innigkeit wird durch das Ding gestiftet, welches die Welt versammelt, indem es auf die vier Weltgegenden des Gevierts verweisen. Heidegger verdeutlichte dieses Versammeln in seinem Aufsatz „Das Ding“ am Beispiel eines Kruges:







Das Ding versammelt und eröffnet so erst Welt.




„Ausgießen aus dem Krug ist schenken. (…) Das Krughafte des Kruges west im Geschenk (…) Das Geschenk des Gusses kann ein Trunk sein. Es gibt Wasser, es gibt Wein zu trinken. Im Wasser des Geschenkes weilt die Quelle. In der Quelle weilt das Gestein, in ihm der dunkle Schlummer der Erde, die Regen und Tau des Himmels empfängt. Im Wasser der Quelle weilt die Hochzeit von Himmel und Erde. Sie weilt im Wein, den die Frucht des Rebstocks gibt, in der das Nährende der Erde und die Sonne des Himmels einander zugetraut sind. (…) Das Geschenk des Gusses ist Trunk für die Sterblichen. Er labt ihren Durst. Er erquickt ihre Muße. Er erheitert ihre Geselligkeit. Aber das Geschenk des Kruges wird bisweilen auch zur Weihe geschenkt. Ist der Guß zu Weihe, dann stillt er nicht einen Durst. Er stillt die Feier des Festes ins Hohe. (…) Der Guß ist der den unsterblichen Göttern gespendete Trank. (…) Im Geschehen des Gusses weilt die Einfalt der Vier. Das Geschenk des Gusses ist Geschenk, indem es Erde und Himmel, die Göttlichen und die Sterblichen verweilt. (…) Verweilen ereignet. Es bringt die vier in das Lichte ihres Eigenen.“[141]

Anders als noch in „Sein und Zeit“ ist das Ding hier also nicht mehr durch seine Verweisungskette auf andere Dinge, das Umzu und die Finalität des Um-Willen des Daseins bestimmt. An ihre Stelle rücken nun die reicheren Bezüge des Wesens und Weilens: „Im Wasser der Quelle weilt die Hochzeit von Himmel und Erde.“, die Beziehung von Himmel und Erde und ihr gegenseitiges Durchdringen geschieht durch das Regen- und Quellwasser, und ist in diesem aufgehoben. Wasser ist hier nicht H2O, das sich an einer Stelle in der physikalischen Raumzeit befindet. Heideggers Denken versucht die Dinge dort zu lassen, wo sie sind: in der Welt. „Ausgießen aus dem Krug ist schenken. (…) Das Krughafte des Kruges west im Geschenk (…) Das Geschenk des Gusses kann ein Trunk sein. Es gibt Wasser, es gibt Wein zu trinken.“ Das Wasser ist Trunk. Weil es aus dem Krug gegossen wird, ist es Geschenk. Das Geschenk ist Geschenk, weil es aus dem Krug als Guss kommt, es hat sein Wesen aus dem Krughaften. Umgedreht ist der Krug Krug, weil er den Trunk in der zwischen seinen Gefäßwänden liegenden Leere bewahrt. Beide sind was sie sind nur durch den Bezug aufeinander und nicht als Einzelnes. Die Bezüge sind also vor den Einzeldingen und werden nicht erst durch diese konstituiert.
Das Ding hat außerdem die Eigenschaft zur Versammlung der Weltregionen in sich, wodurch eine Welt als Beziehungsgefüge eröffnet wird. Heidegger griff dabei auf die Etymologie des Wortes Ding aus „Thing“, der germanischen Bezeichnung für Versammlung, zurück. So kann Heidegger sagen „Das Ding dingt“[142] , d.h. es versammelt eine Welt. Damit gewähren die Dinge dem Menschen ein Verweilen und „schonendes Wohnen“[143] in der durch sie eröffneten Welt. Es fällt auf, dass bereits im Vortrag „Der Ursprung des Kunstwerkes“ von zwei Weltregionen (Erde und Welt) und deren Zusammengehörigkeit im Streit die Rede war. Dem Kunstwerk kam dort eine ähnliche Bedeutung zu wie hier dem Ding: beide eröffnen Welt und beide tun dies nicht unter Gesichtspunkten der Verwertbarkeit, wie dies der Technik zu eigen ist.
Heideggers Konstellation des Gevierts darf keinesfalls als „Literatur“ missverstanden werden. Sie stellte den Versuch dar, nach aller Destruktion der Begriff und nach allen fehlgeschlagenen sprachlichen Versuchen das Sein zu fassen doch noch so etwas wie einen Gegenstand des Denkens zu haben, um das menschliche Sein durch eine Vorstellung ohne Vor-stellung zu fassen.[144]

Sprache als Haus des Seins




„Voll Verdienst, doch dichterisch, wohnet
Der Mensch auf dieser Erde.“
Hölderlin: „In lieblicher Bläue...“

So wie das Ding eine Welt eröffnet und dem Menschen hierdurch das Wohnen gewährt, gilt dies auch für die Sprache. Dabei darf Sprache nicht als bloßes Instrument der Mitteilung und des Ausdrucks aufgefasst werden, da dies wieder den Menschen als Subjekt in die Mitte rücken würde. Wenn der Mensch „die Sprache in seinem Besitz“ wähnt, verfehlt er gerade ihr Wesen:[145] „Die Sprache spricht, nicht der Mensch. Der Mensch spricht nur, indem er geschickt der Sprache entspricht.“[146] Damit wollte Heidegger zum Ausdruck bringen, dass der Mensch Teilnehmer an einer Sprache ist, die er selber nicht alleine hervorgebracht hat. Er ist eingebunden in einen Überlieferungsprozess und kann sich lediglich zum Überlieferten, der Sprache, verhalten.
Die welteröffnende Funktion der Sprache entdeckte Heidegger vor allem in der Dichtung. Deren nicht-propositionale Form lässt die Bezüge des Dings auf die Weltregionen des Gevierts hervortreten. Damit bringt sich Heidegger in eine Gegenposition zur philosophischen Tradition: „In der Philosophie lassen sich niemals Sätze anbeweisen; und dies schon deshalb nicht, weil es keine höchsten Sätze gibt, aus denen andere abgeleitet werden könnten, sondern weil hier überhaupt nicht »Sätze« das Wahre sind und auch nicht einfach jenes, worüber sie aussagen.“[147] Heidegger erläutert die gänzlich andere Form der Sprachlichkeit, wie er sie in der Dichtung findet, an einem Fragment Heraklits: „'Der Herr, dessen Spruchort zu Delphi ist [Apollon] sagt weder, noch verbirgt er, sondern winkt.' Das ursprüngliche Sagen macht weder nur unmittelbar offenbar, noch verhült es einfach nur schlechthin, sondern dieses Sagen ist beides in einem und als dieses Eine ein Winken, wo das Gesagte auf Ungesagtes, das Ungesagte auf Gesagtes und zu sagendes weist.“[148]
Damit stiftet das Dichten Welt, indem es im Gesagten die sinnhaften Bezüge in der Welt zur Sprache bringt. Gleichzeitig lässt es im Ungesagten Raum für die nicht zur Sprache gekommenen Bezüge. Die eröffnete Welt wird reich an Bezügen. Es sind semantische Bezüge, weshalb die Welt ein sprachliches Phänomen ist: Wohnen lässt sich nich in einem stummen Raum, die Dinge in der Welt sind vielmehr beredt. Die reine Funktionalität wäre hingegen arm an Bezügen. Die Dichtung macht keine Aussagen über einzelne Dinge, sondern stellt deren Beziehung in den Mittelpunkt. Geschenk und Krug (s.o.) sind nur durch ihre Beziehung aufeinander. Indem die Dichtung die Beziehung, die vor den Einzeldingen ist, sagt, stiftet sie erst die Welt als Beziehungsganzheit, die den Einzeldingen vorausgeht. Durch die Stiftung der Welt gewährt die Dichtung den Sterblichen in dieser Aufenthalt und Wohnen. Das Dichtertum ist hierfür auf die Sprache angewiesen. Über die Sprache aber, verfügt der Mensch niemals in ihrer Gänze, sondern verhält sich zu ihr. Die Sterblichen haben ihren Aufenthalt der Dichtung zu danken. Die Dichtung ist auf das Gewährende der Sprache angewiesen. Deshalb ist die Sprache „das Haus des Seins.“[149]

Wirkung und Rezeption
Jean-Paul Sartre begründete durch seine Heidegger-Rezeption, die sich fast ausschließlich auf „Sein und Zeit“ und „Was ist Metaphysik?“ beschränkte, den Existentialismus in Frankreich. Sein Werk Das Sein und das Nichts lehnte sich schon im Titel an „Sein und Zeit“ an. Sartre griff dort Heideggers Idee auf, dass das Wesen des Menschen nicht in seiner Essenz sondern Existenz liege: Daseins ist kein Was, sondern ein Wie. Wegen der hohen Bedeutung, die Sartre dem Bewusstsein als Gegensatz zur Welt zusprach, sah Heidegger hierin jedoch einen Rückfall in den neuzeitlichen Subjektivismus. Für Sartre konstituierte sich das Bewusstsein und damit das Subjekt als Für-sich gegenüber dem von ihm wahrgenommenen etwas, dem An-sich. Das Bewusstsein konstituiert sich also, indem es sich negativ – als das was es nicht ist – bestimmt. Diese Negation ist das Nichts als dem Subjekt Zugehöriges. Während außerdem Sartre die absolute Freiheit des Menschen betonte, versuchte Heidegger hingegen Strukturen des Daseins (Existenzialien) aufzuweisen, zu welchem sich dieses verhalten kann und muss. Auf Sartres Essay Der Existenzialismus ist ein Humanismus reagierte Heidegger in einem Brief an Jean Beaufret, dem „Brief über den Humanismus“, in dem er deutlich machte, dass seine und Sartres Denkweisen unvereinbar nebeneinander stünden.
Hans-Georg Gadamer, ein Schüler Heideggers, knüpfte an den hermeneutischen Ansatz Heideggers an. Er begründete die moderne Hermeneutik mit seinem 1960 erschienenen Hauptwerk Wahrheit und Methode, in dem er vor allem die Rolle der Kunst für die ontologische Wahrheitsfindung hervorhob. Im Kunsterleben sah Gadamer ein Verstehen, jedoch nicht als beherrschendes und begreifendes, sondern als Prozess, als Geschehen. Deutlich sind die Parallelen zu Heideggers Vortrag „Der Ursprung des Kunstwerkes“ und dem in „Sein und Zeit“ als Existenzial herausgestelltem Verstehen des Daseins. Jürgen Habermas lobte 1979 Gadamers Wirken mit dem oft zitierten Ausdruck „Urbanisierung der Heideggerschen Provinz“[150].
Hannah Arendt, Heideggers Schülerin und Geliebte, zeigte sich in ihren frühen Schriften („Liebesbegriff bei Augustinus“) stark durch Heidegger geprägt. Nach dem Bruch mit Heidegger 1933 ging sie zu diesem auf Distanz. In ihrem 1945 erschienenen Aufsatz Was ist Existenzphilosophie? kritisierte sie an Heideggers Philosophie das Fehlen eines Subjekts, welches auf politischer Ebene moralische Verantwortung übernehmen könnte. Nach dieser Lossagung näherte sich Arendt jedoch mit ihrem Spätwerk Vita activa oder vom tätigen Leben wieder an Heidegger an: das Buch, so Arendt, schulde Heidegger „in jeder Hinsicht so ziemlich alles“.[151] Sie griff hier vor allem Heideggers Begriff der Welt auf, den sie als Raum für das politische Handeln ausdeutete. Totalitäre Herrschaft sei ein Zustand der „Weltlosigkeit“, da sie die Menschen aus einer gemeinsamen Welt herausstoße.
Herbert Marcuse versuchte Heideggers in „Sein und Zeit“ vorgelegte Philosophie für den Marxismus fruchtbar zu machen. Dabei faszinierte Marcuse vor allem Heideggers Verankerung der Philosophie in der Faktizität des Daseins und der damit gegebene hohe Praxisbezug. Heideggers existenziale Analytik muss jedoch, so Marcuse, durch den historischen Materialismus ergänzt werden. Sein bekanntestes Buch „Der eindimensionale Mensch“ kann als Versuch dieser Zusammenführung gelten. Später sagt sich jedoch Marcuse von Heidegger los. In einem an Heidegger gerichteten Brief warf er diesem vor, niemals zu seinen politischen Handlungen von 1933/34 Stellung bezogen zu haben.
Emmanuel Levinas sah in Heidegger den bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunders. Dabei bezog er sich vor allem auf „Sein und Zeit“. Schon früh allerdings begann Levinas Heidegger kritisch zu lesen. Dabei bemängelte er vor allem die in der europäischen Tradition verankerte Denkungsart, das Allgemeine über das Einzelne zu stellen, das Sein über das Seiende. Er versuchte stattdessen einen „Weg vom Sein zum Seienden“ zu finden. Heideggers Technikkritik teilte er nicht, er sah in der Technik stattdessen ein Instrument der Befreiung.
Maurice Merleau-Pontys Auseinandersetzung mit Heidegger war fast durchgehend bejahend. Mit seinem Begriff des „être-au-monde“ (Zur-Welt-sein) knüpfte er an Heideggers In-der-Welt sein an und betonte vor allem den dynamischen Charakter des Weltbezugs als einen immer im Gang befindlichen Prozess. Damit stand er im Gegensatz zu Sartres existenzialistischer Heidegger-Rezeption. Seine Phänomenologie betonte im Unterschied zu Heidegger stärker den leiblichen Aspekt des Weltumgangs: standen bei Heidegger für die Erschließung der Welt eher eingeschliffene Handlungsvollzüge im Vordergrund, so sah Merleau-Ponty die Orientierung und Verankerung in Situationen eher durch sinnlich-leibliche Erfahrungen gegeben.
Für Michel Foucault war Heidegger „immer der maßgebliche Philosoph gewesen“ und er sah sein „ganzes philosophisches Werden“ von der Lektüre Heideggers bestimmt.[152] Jedoch ist keine durchgängige Wirkungslinie in Foulcaults Heidegger-Rezeption auszumachen, statt dessen knüpfte Foucault an eine Vielzahl einzelner Ideen an.
Jacques Derrida knüpfte mit seiner Dekonstruktion an Heideggers Programm der Destruktion der Metaphysik an, gleichzeitig wollte er sich mit dem Begriff auch von Heidegger distanzieren. Er warf Heidegger vor, durch die Einteilung von „innerhalb der Metaphysik“ und „außerhalb der Metaphysik“ immer noch im metaphysisch-kategorisierenden Denken zu bleiben. Allerdings zeigt sich hieran auch, dass Derrida Heideggers spätes Denken – das eines Anderen Anfangs, in dem Heidegger genau dieses Problem zu überwinden sucht – nicht mehr rezipierte.[153]
Richard Rorty bewies einen souveränen Umgang mit Heideggers Ansätzen. Sich weder der analytischen Philosophie, noch der „Kontinentalphilosophie“ verpflichtet fühlend, sah er Heideggers Philosophie als „Werkzeugkasten“ und „Steinbruch“, aus welchem es sich lohne Gutes zu behalten und Schlechtes fallen zu lassen.
Heidegger beeinflusste zahlreiche andere Philosophen wie Hermann Schmitz, Gianni Vattimo oder Ernst Tugendhat. Zur „katholischen Heideggerschule“ (Erich Przywara) werden Gustav Siewerth, Johann Baptist Lotz, Karl Rahner und Max Müller gerechnet.

Heidegger und die analytische Philosophie
In der Tradition der analytischen Philosophie bemüht sich vor allem Hubert Dreyfus um eine Rezeption des Heideggerschen Werkes. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem ersten Teil von „Sein und Zeit“ und hier wiederum auf den pragmatisch zu deutenden Ansätzen, sowie den gegen den Cartesianismus fruchtbar zu machenden Aspekten. Dreyfus stellt diese Searles Auffassung von Intentionalität entgegen.
Insgesamt jedoch steht die analytische Philosophie dem Werk Heideggers eher ablehnend gegenüber. Ausgehend von sprachanalytischen Betrachtungen bemängelt sie Heideggers Wortgebrauch als problematisch, da ein solcher diverse Scheinprobleme entstehen lässt. Vor allem Carnaps Kritik hat zu dieser Auffassung schon recht früh maßgebend beigetragen.[154] Dabei bemängelte Carnap nicht, dass dem Wortgebrauch Heideggers keine Sinnesdaten zugrunde lägen oder Wortneuschöpfungen dem allgemeinen Sprachgebrauch widersprächen. Vielmehr entspreche er nicht den Regeln der modernen Logik, denn diese hatte, so Carnap, gezeigt, dass z.B. der Begriff des Nichts weder ein Substantiv, noch ein Verb ist – Heidegger hingegen verwendete ihn in beiden Bedeutungen. Allerdings war Carnap klar, dass diese Kritik Heidegger nicht treffen konnte, denn Heidegger hatte die Logik als Grundlage aller Philosophie stark in ihre Schranken verwiesen. Carnaps Kritik ist daher breiter angelegt, wenn er fordert, die Philosophie müsse, gleich den Naturwissenschaften, eher einem Gebäude gleichen, an welchem alle nach allgemein anerkannten Regeln mitbauen können. Friedmann bezeichnet diese philosophisch-politische Orientierung etwa als neue Sachlichkeit, eine Bewegung welche sich dem Internationalismus, einer sachorientierten, wissenschaftlichen und antiindividualistischen Neugestaltung verpflichtet hatte. In Friedmanns Einschätzung ist diese soziale und politische Motivation Carnaps wesentlich für dessen Angriffe auf Heidegger – Carnap selbst sprach vom „Kampf gegen die Metaphysik.“[155] In seiner philosophiegeschichtlichen Studie zeigt Friedmann den großen Gegensatz von „kontinentaler“ und analytischer Tradition anhand von eben Heidegger und Carnap. Bezüglich der Beziehung beider Traditionen resümiert er:

„Wir können entweder, mit Carnap, an der formalen Logik als dem Ideal universeller Gültigkeit festhalten und uns demzufolge auf eine Philosophie der mathematischen exakten Wissenschaften beschränken; oder wir können uns, mit Heidegger, von der Logik und dem ‚exakten Denken‘ abnabeln, mit dem Resultat, dass wir letztlich das Ideal wahrhaft universeller Gültigkeit aufgeben. Wenn ich nicht irre, dann ist es eben dieses Dilemma, das am Grund der für das 20. Jahrhundert typischen Spaltung von ‚analytischer‘ und ‚kontinentaler‘ Tradition liegt.“[156]
Hinzu kam die geographische Spaltung durch die Migration Carnaps (und Cassirers) nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Friedmann sieht aber im Werk Cassirers die beste Möglichkeit beide Traditionen zum Dialog zu führen, denn Cassirer selbst hatte sich stets um die Integration der unterschiedlichsten Denkweisen in seine Philosophie der symbolischen Formen bemüht.

Heidegger und das ostasiatische Denker
Heidegger ist der erste große europäische Denker, der nicht nur eine breite Rezeption im ostasiatischen Raum fand, sondern dessen Denkweg auch ständig durch Gespräche mit ostasiatischen Philosophen begleitet wurde.[157] Bereits in den zwanziger Jahren nahmen viele später bedeutende japanische Philosophen an seinen Seminaren teil, so zum Beispiel Tanabe Hajime, Miki Kiysoshi, Kuki Shuzo, Watsuji Tetsuro, Nishitani Keiji, Hisamatsu Shin'ichi und Tsujimaru Koichi als die bedeutendsten. Dies führte für beide Seiten zu einem breiten Dialog. Auch versuchte Heidegger 1946 zusammen mit dem Chinesen Paul Shih-yi Hisao das Daodejing zu übersetzen.
In „Was heißt Denken?“ sprach Heidegger erstmals vom „unausweichlichem Gespräch mit der ostasiatischen Welt“.[158] An anderer Stelle setzte er dann für den Prozess der Begegnung 300 Jahre an.[159] Heidegger suchte den Dialog, war jedoch der Auffassung, dass es nicht einfach um eine Übernahme zum Beispiel zen-buddhistischer oder anderer östlicher Welterfahrung gehen kann.
Derzeit gibt es sieben japanische Übersetzungen von „Sein und Zeit“, sowie eine japanische Gesamtausgabe, welche parallel zur deutschen erarbeitet wird. Ebenso hat sich in Japan eine breite Heidegger-Forschung entwickelt. Für die umfassende Rezeption ist, wie Tanabe betont, vor allem Heideggers starker Bezug zum Tod verantwortlich, ein Thema welches z.B. im Daoismus und Zen-Buddhismus von grundlegender Bedeutung ist. Nishitani Keiji und Tsujimaru Koichi fanden vor allem an Heideggers (seins-)geschichtlicher Deutung des Nihilismus und der Technik Interesse, da ihrer Meinung nach geschichtliche Aspekte dem zen-buddhistischem Denken fehlen.[160]
In Südkorea sind vor allem Park Chong-Hong und Ha Ki-Rak zu nennen, welche sich mit dem Heideggerschen Werk befassten. Der Koreaner Cho Kah Kyung, seit längerem in den USA lehrend, versucht dort eine Brücke zwischen abendländischem Denken und ostasiatischer Tradition zu schlagen. In China ist der Name Chang Chung-yuan zu nennen, der 1969 in Honolulu das Symposion „Heidegger and the Eastern Thought“ organisierte.
Außer in Ostasien fand Heidegger auch in Indien Anklang. Sein bedeutendster Schüler ist Jarava Lal Metha, welcher auch direkten Kontakt zu Heidegger hatte und der sich durch seine Bücher darum bemüht, Heideggers Denken in Indien bekannt zu machen.[161]

Kritik
Heideggers philosophisches Wirken wurde auch von verschiedensten Seiten als Ganzes verworfen, so zum Beispiel vom Wiener Kreis. Diese Kritik ist vor allem sprachanalytisch und logisch motiviert.
Von großer Schärfe sind die Attacken seitens der Frankfurter Schule, besonders Theodor W. Adornos „Jargon der Eigentlichkeit“, die das intellektuelle Leben in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts polarisierten. Hier sind es vor allem Fragen, die den Zusammenhang von Philosophie und politischem Engagement betreffen. Heidegger selbst hat diese Angriffe ignoriert.
Heideggers Vorliebe für den Tod fand breite Ablehnung. Schon sein Lehrer Husserl hat widersprochen, und Hannah Arendt entwickelte gegen dessen Konzept der Sterblichkeit das Gegenmodell der „Geburtlichkeit“.
Am Denkstil des späten Heideggers wird oft kritisiert, dass er viel mit Etymologien arbeitete und diese bisweilen in gewagter Weise ausdeutete.[162] Allerdings betonte Heidegger, dass diese nicht als Beweise fungieren sollen, sondern dazu dienen, der philosophischen Sprache neue Dimensionen zu erschließen.[163] Auch die Deutungen, die Heidegger manchen Gedichten Hölderlins, Trakls, Rilkes und Stefan Georges gab, sind bei Literaturwissenschaftlern auf Kritik gestoßen. An ihnen wird ausgesetzt, dass diese Dichtungen stark von Heideggers eigener Weltsicht her gelesen und in den Kategorien seines Denkens „umgedeutet“ werden. Allerdings beabsichtigte Heidegger ausdrücklich nicht mit seinen Deutungen Beiträge zur Literaturwissenschaft zu leisten.
Der Versuch Heideggers das Göttliche zu denken und seine Anrufung Gottes mit Hölderlin wurde auch von Kritikern, die Heideggers Art zu denken durchaus schätzen, als inkonsistenter Teil seiner Philosophie kritisiert, der einem „'theologischen' Zwang“ entspringe.[164]

Kritik zu Sein und Zeit
Heideggers Versuch in „Sein und Zeit“ die Bedingungen und Möglichkeiten für ein authentisches, also eigentliches Leben herauszuarbeiten führen zu einem starken Gegensatz von Jemeinigkeit (Individuum) und Man (Gemeinschaft). Die Unüberbrückbarkeit dieser beiden führt dazu, dass sich das Dasein als entschlossenes gegen die Verfallenheit an das Man wehren muss. Hier lassen sich durchaus antisoziale Tendenzen ausmachen, da durch den schroffen Gegensatz eine Fundierung des Daseins im Mitsein gar nicht mehr möglich ist.[165]
Die hohe Bedeutung, die Heidegger den Zeitachsen der Zukunft und Gewesenheit für das eigentliche Selbst-sein-können zuspricht, führt zu einer Nivellierung der Gegenwart. Die reichen Ausdifferenzierungen der Zukunft durch Existenz, Entwurf, Vorlaufen zum Tod, Entschlossenheit und die der Gewesenheit durch Faktizität, Geworfenheit, Schuld, Wiederholung stehen der Gegenwart, die in ihrer Bestimmung leer bleibt, entgegen. Die Gegenwart wird somit gleichsam „verschlungen“ von der „gewesenen Zukunft“.[166]

Kritik am Wahrheitsbegriff Heideggers
Ernst Tugendhat hat sich ausführlich mit Heideggers Wahrheitsbegriff auseinandergesetzt.[167] Heidegger hatte in „Sein und Zeit“ die transzendentalphilosophische Frage nach dem erkennenden Subjekt durch seinen hermeneutischen Ansatz zu überwinden versucht, indem er die Welt nicht mehr als Objekt für ein Subjekt auffasst, sondern als immer schon einem verstehenden Dasein mitgegeben. Dasein ist somit die „Lichtung des Sein“ und ist durch seinen Verständnishorizont, in welchem allein die Welt nur ist, immer schon mit dieser verwoben.
Tugendhat versucht nun diesen Wahrheitsbegriff durch einen Vergleich mit dem Husserls zu durchleuchten. Bei Husserl eröffnete sich Wahrheit dann, wenn sich das Seiende zeigt „wie es an sich selbst ist“. Diese Formel enthält durch ihr „wie“ einen Abgleich der Sache mit sich selbst. Damit eine Aussage also als wahr aufgefasst werden kann, werden nicht mehr mentaler Inhalt und innerweltlich Seiendes abgeglichen, sondern die Sache muss mit sich selbst übereinstimmen. Diesen Abgleich bezeichnet Tugendhat als „spezifischen Sinn von Wahrheit“. Heidegger deutet hingegen Wahrheit als Entdecktheit. Dabei jedoch lässt er in Abgrenzung zu Husserl den kritischen Abgleich der Sache mit sich selbst weitestgehend fallen, ohne jedoch diesen gewissermaßen notwendigen Vergleich gänzlich aufgeben zu können – denn auch Heidegger spricht ja von „Verdecktheit“ als Gegensatz zur „Entdecktheit“.
Wenn nun, so Tugendhat, Wahrheit schon im Entdecken allein gegeben ist, dann fällt der spezifische Sinn von Wahrheit somit weg. Dieses Problem verschärft sich zusätzlich, indem Heidegger später das Entdecktsein mit der Erschlossenheit von Welt gleichsetzt. Damit wird bei Heidegger die Eröffnung von Welt an sich schon zum Wahrheitsgeschehen.
Tugendhat schließt nun daraus, dass Heidegger hierdurch das kritische sich selbst prüfende Bewusstsein preisgibt: „Wenn Wahrheit Unverborgenheit besagt, so wie Heidegger das Wort versteht, dann kommt es darauf an, dass ein Weltverständnis sich überhaupt eröffnet, nicht dass wir es kritisch prüfen.“[168] Für Tugendhat steht dies vor allem in Zusammenhang mit moralischen Fragen. Er hat deshalb auch auf die Abwesenheit der Ethik in Heideggers Werk hingewiesen und sieht hierin auch den Grund für Heideggers NS-Engagement: „ein direkter Weg“ führe von Heideggers „entrationalisierte[m] Wahrheitsbegriff und dem von diesem bestimmten Begriff der Selbstbestimmung – zum Nazismus“.[169] Ob aber Heideggers Philosophieren tatsächlich vorgeworfen werden kann, dass es der kritischen Selbstprüfung ermangele, ist fraglich – für Tugendhat war dies jedoch Ausgangspunkt für seine seit den 1970er Jahren andauernde Beschäftigung mit Fragen der Moral.

Dokumente und Quellen

Primärliteratur
Die Martin Heidegger Gesamtausgabe erscheint im Verlag Vittorio Klostermann. Sie ist auf 102 Bände angelegt. Ein Verzeichnis sämtlicher Schriften Heideggers (7609 Nummern) findet sich in: Heidegger-Jahrbuch 1. Freiburg/München 2005, S. 429-578, ISBN 3-495-45701-1.
Schriften

Korrespondenz



Sekundärliteratur
Philosophiebibliographie: Martin Heidegger – Zusätzliche Literaturhinweise zum Thema

Einführungen

Weiterführende Literatur zu Person und Werk

Zeitschriften


Tondokumente



Filme


Weblinks

Werk, Person und Forschung








Commons: Martin Heidegger – Bilder, Videos und Audiodateien





Audio- und Videomaterial [Bearbeiten]


Kritische Auseinandersetzung [Bearbeiten]


Einzelnachweise und Siglenverzeichnis [Bearbeiten]
Für die auch außerhalb des Rahmens der Gesamtausgabe erschienenen Werke sind die folgenden Abkürzungen gebräuchlich, wie man sie meist im Siglenverzeichnis findet:





EM: Einführung in die Metaphysik (GA 40)
FD: Die Frage nach dem Ding (GA 41)
G oder GL: Gelassenheit (GA 13 und 16)
HW: Holzwege (GA 5)
ID: Identität und Differenz
N I/II: Nietzsche Bd. I/II (GA 6.1/2)
Sch: Schellings Abhandlung »Über das Wesen der menschlichen Freiheit« (GA 42)
SD: Zur Sache des Denkens (GA 14)
SG: Der Satz vom Grund (GA 10)
SU: Die Selbstbehauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/43 (GA 16)
SZ: Sein und Zeit (GA 2)
US: Unterwegs zur Sprache (GA 12)
VA: Vorträge und Aufsätze (GA 7)
WD: Was heißt Denken? (GA 8)
WM: Wegmarken (GA 9)
Zoll: Zollikoner Seminare
ZSD: Zur Sache des Denkens





Weiterhin sind gebräuchlich:
GA: Gesamtausgabe
AH: Hannah Arendt/Martin Heidegger: Briefe 1925-1975 und andere Zeugnisse
HJ: Martin Heidegger/Karl Jaspers: Briefwechsel 1920-1963




Vgl. Unterwegs zur Sprache (GA 12), S. 96
Michael Inwood: Heidegger. Freiburg 1999, S. 9
Zitiert nach Oliver Jahraus: Martin Heidegger. Eine Einführung. Stuttgart 2004, S.26
Michael Inwood: Heidegger. Freiburg 1999, S. 10
Siehe hierzu den Vortrag Schöpferische Landschaft: Warum bleiben wir in der Provinz? in Aus der Erfahrung des Denkens (GA 13)
Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt. in: Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch. Tübingen 1988, S. 232-234
Hannah Arendt / Martin Heidegger: Briefe 1925 - 1975 und andere Zeugnisse. Frankfurt a.M. 2002, Brief vom 21.2.1925
Vgl. Eduard_Baumgarten#Denunziation_durch_Heidegger
Zitiert nach Hans Dieter Zimmermann: Martin und Fritz Heidegger. München 2005, S. 65
Spiegel-Interview in Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 665-666
Arendt / Heidegger: Briefe 1925 bis 1975 und andere Zeugnisse. Frankfurt a.M. 2002, S. 68
Martin Heidegger / Karl Jaspers: Briefwechsel 1920 - 1963. Hrsg. W. Biemel u. H. Saner. Frankfurt a.M. 1990, Brief vom 23.09.1933
Martin Heidegger / Karl Jaspers: Briefwechsel 1920 - 1963. Hrsg. W. Biemel u. H. Saner. Frankfurt 1990, Brief 141
Spiegel-Interview in Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 660
Spiegel-Interview in Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 661
Einführung in die Metaphysik eine 1935 gehaltenen Vorlesung GA 40, S. 152
Spiegel-Interview in Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 655
Bremer und Freiburger Vorträge (GA 79), S. 27
Martin Heidegger / Karl Jaspers: Briefwechsel 1920 - 1963. Hrsg. W. Biemel u. H. Saner. Frankfurt a.M. 1990, S. 201
Vgl. Dieter Thomä: Heidegger und der Nationalsozialismus. in: Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, S. 159
Richard Rorty: Contingency, irony, and solidarity, Cambridge u.a., 1989; Ders.: Eine andere mögliche Welt., in: Christoph Jamme / Karsten Harries (Hrsg.): Martin Heidegger. Kunst - Politik - Technik., München, 1992, S. 135-142
Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: dies.: Menschen in finsteren Zeiten., München/Zürich 1989, S. 172-184
Jean-Michel Palmier: Heidegger et le national-socialisme. In: Michel Haar (Hrsg.): Heidegger, Paris, 1983, S. 333-353
Hans Sluga: Heidegger's Crisis. Philosophy and Politics in Nazi Germany, Cambridge / London, 1993, S. 30-35
Julian Young: Heidegger, philosophy, Nazism, Cambridge u.a., 1997
Otto Pöggeler: Der Denkweg Martin Heideggers, Pfullingen, 1983; ders.: Philosophie und Politik bei Heidegger, Freiburg/München, 1972; ders.: Den Führer führen? Heidegger und kein Ende, in: Philosophische Rundschau 32, 1985, S. 26-67
Francios Fédier: La question politique, in: Magazin littéraire 235, 1988, S. 51-52
Georg Steiner: Martin Heidegger, New York, 1978
Alexander Schwan: Politische Philosophie im Denken Heideggers, Opladen, 1989; Ders.: Zeitkritik und Politik in Heideggers Spätphilosophie, in: Annemarie Gethmann-Siefert / Otto Pöggeler (Hrsg.): Heidegger und die praktische Philosophie, Frankfurt a.M., 1988, S. 93-107
Jaques Derrida: De l'esprit. Heidegger et la question., Paris, 1987, (dt. Übers.: Vom Geist, Frankfurt a.M., 1992); Ders.: Die Hölle der Philosophie. Ein Gespräch mit Jaques Derrida., in: Jürg Altwegg (Hrsg.): Die Heidegger Kontroverse, Frankfurt a.M., 1988, S. 83-93
Philippe: La fiction du politique, Paris, 1987 (dt. Übers.: Die Fiktion des Politischen, Stuttgart, 1990
Winfried Franzen: Von der Existenzialontologie zur Seinsgeschichte, Meisenheim 1975, S. 80f
Jürgen Habermas: Heidegger - Werk und Weltanschauung, in: V. Farias: Heidegger und der Nationalsozialismus, Frankfurt a.M., 1989, S. 11-37
Ernst Tugendhat: Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, Berlin, 1967
Tom Rockmore: On Heidegger's Nazism and Philosophy, Berkeley u.a., 1997
Luc Ferry / Alain Renaut: Heidegger et les Modernes, Paris, 1988
Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, Bd. 19, Frankfurt a.M., 1976, S. 637ff
Victor Farias: Heidegger et le nazisme, Lagrasse, 1987
Bernard-Henri, Lévy: Satre. Der Philosoph des 20. Jahrhunderts, München/Wien, 2002
Rainer Thurnher: Martin Heidegger. in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie. Band XIII, München 2002, S. 199
Vgl. Silvio Vietta: Heideggers Kritik am Nationalsozialismus und der Technik, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1989
Vgl. Rüdiger Safranski: Ein Meister aus Deutschland. Frankfurt a.M. 2001, S. 289
Rüdiger Safranski: Ein Meister aus Deutschland. Frankfurt a.M. 2001, S. 326-329
Vgl. Dieter Thomä: Heidegger und der Nationalsozialismus. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch. Stuttgart 2003, S. 148f
Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges (GA 16), S. 188
Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges (GA 16), S.302
Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges (GA 16), S. 184
Vgl. Dieter Thomä: Heidegger und der Nationalsozialismus. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch. Stuttgart 2003, S. 156f
Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt. in Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch. Tübingen 1988
Arendt / Jaspers: Briefwechsel 1926 - 1969. München 2001, Brief vom 29. September 1949
Vgl. Elzbieta Ettinger: Hannah Arendt - Martin Heidegger. Eine Geschichte. übers. von Brigitte Stein, München 1995, S. 15
Vgl. Oliver Jahrhaus: Martin Heidegger. Ein Einführung. Stuttgart 2004, S. 35
Hans-Georg Gadamer: Zurück von Syrakus?. in: Jürg Altwegg (Hrsg.): Die Heidegger Kontroverse. Frankfurt a.M. 1988, s. Anm. 20, S. 179
Video in der Bibliothèque Médicis
GA 15
Vgl. Hartmut Buchner (Hrsg.): Japan und Heidegger. Verlag Thorbecke, Sigmaringen 1989
Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt. in Günther Neske und Emil Kettering (Hrsg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch. Tübingen 1988
Frühe Schriften (GA 1), S. 437
Vorträge und Aufsätze GA 7, S. 40
Vgl. Theodor W. Adorno: Jargon der Eigentlichkeit. in Gesammelte Schriften. Bd. 6, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2003
Vgl. Dolf Sternberger: Schriften. Band VIII Gang zwischen Meistern, 1987, Insel Verlag
Sein und Zeit (GA 2), S. 38
Sein und Zeit (GA 2), S. 324
Sein und Zeit (GA 2), S. 127
Vgl. Dieter Thomä: Stichwort: Kehre. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, Seite 139
Georg Christoph Lichtenberg: Schriften und Briefe, editiert von Wolfgang Promies, Carl Hanser Verlag, München 1968, Heft J, Spruch 620
Besinnung (GA 66), S. 322
Vgl. Oliver Jahraus: Martin Heidegger. Eine Einführung. Stuttgart 2004, S. 170
Wegmarken (GA 9), S. 410
Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (GA 65), S.
Vgl. das Nachwort des Herausgebers, Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (GA 65), S.511
Vgl. die Erläuterungen zur Gesamtausgabe, Frühe Schriften (GA 1), S. 437f
Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (GA 65), S. 227
Holzwege (GA 5), S. 87
Holzwege (GA 5), S. 87
Holzwege (GA 5), S. 18
Holzwege (GA 5), S. 87f.
Holzwege (GA 5), S. 27
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 18
ZDF Gespräch mit Richard Wisser, 25.9.1969
Wegmarken (GA 9), S. 122
Emil Angehrn: Kritik der Metaphysik und der Technik. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, S. 272
Holzwege (GA 5), S. 240
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 92, S.95
Holzwege (GA 5), S. 28
Spiegel-Interview in Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 679
Vgl. Rainer Thurnher: Martin Heidegger. in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie. Band XIII, München 2002, S. 248
Vgl. Byung Chul-Han: Martin Heidegger. München, 1999, S. 131
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 18
Vgl. Rainer Thurnher: Martin Heidegger. in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie. Band XIII, München 2002 S. 249
Vgl. Rainer Thurnher: Martin Heidegger. in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie Band XIII, München 2002, S. 250
Wegmarken (GA 9), S. 325
Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (GA 65), S. 396
G.W.F. Hegel: Wissenschaft der Logik, Bd. 2, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1986, S. 83
Wegmarken (GA 9), S.
Holzwege (GA 5), S. 265
Nietzsche 2 (GA 6.2),, S. 484
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 39
Wegmarken (GA 9), S. 409
Beiträge (GA 65), S. 463
Erläuterungen (GA 4), S. 182
Erläuterungen (GA 4), S. 195
Vgl. Holzwege (GA 5), S. 248
Der Satz vom Grund (GA 10), S. 118
Vgl. Byung Chul-Han: Martin Heidegger. München 1999, S. 126ff
Vgl. Johann Kreuzer (Hrsg.): Hölderlin-Handbuch. Stuttgart 2002, S. 433
Erläuterungen (GA 4), S. 47f.
Erläuterungen (GA 4), S. 41
Erläuterungen (GA 4), S. 77
Erläuterungen (GA 4), S. 24ff
Erläuterungen (GA 4), S. 30
Vgl. Holzwege (GA 5), S. 266
Holzwege (GA 5), S. 1
Holzwege (GA 5), S. 3
Holzwege (GA 5), S. 10
Holzwege (GA 5), S. 12
Holzwege (GA 5), S. 19
Holzwege (GA 5), S. 21
Holzwege (GA 5), S. 41
Holzwege (GA 5), S. 22
Holzwege (GA 5), S. 29
Holzwege (GA 5), S. 32
Holzwege (GA 5), S. 33
Holzwege (GA 5), S. 49
Holzwege (GA 5), S. 54
Holzwege (GA 5), S. 55
Holzwege (GA 5), S. 26
Grundfrage der Philosophie (GA 45), S. 189
Brief über den Humanismus (GA 9), S. 322
Brief über den Humanismus (GA 9), S. 342
Brief über den Humanismus (GA 9), S. 342
Unterwegs zur Sprache (GA 12), S. 10
Der Feldweg (GA 13)
Sein und Zeit (GA 2), S. 222
Was heißt Denken? (GA 8), S. 117
Byung Chul-Han: Martin Heidegger. München 1999, S.117
Vgl. Rainer Thurnher: Martin Heidegger. in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie. Band XIII, München 2002, S. 272
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 152
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 155
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 127
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 173ff
Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 182
Vorträge und Aufsätze (GA 7, S. 151
Oliver Jahraus: Martin Heidegger. Eine Einführung. Stuttgart 2004, S.214
Wegmarken (GA 9, S. 75
Der Satz vom Grund (GA 10), S. 143
Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (GA 65), S. 13
Hölderlins Hymnen „Germanien“ und „Der Rhein“ (GA 39), S. 127
Holzwege (GA 5), S. 310
Jürgen Habermas: Urbanisierung der Heideggerschen Provinz: Laudatio auf Hans-Georg Gadamer aus Anlaß der Verleihung der Hegel-Preises der Stadt Stuttgart, 1979 in Das Erbe Hegels, Frankfurt am Main 1979, S. 9-31.
Hannah Arendt / Martin Heidegger: Briefe 1925-1975 und andere Zeugnisse, Frankfurt a.M. 1999, S. 149
Michel Foucault: Die Rückkehr der Moral. Gespräch mit Barbedette und André Scala. übers. von Wilhelm Miklenitsch, in Pravu Mazumdar: Foucault. dtv Verlag, Reihe Philosophie jetzt!, München 1998, S. 492
Vgl. Robert Bernasconi: Heidegger und die Dekonstruktion. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch. Stuttgart 2003, S. 443
Vgl. Michael Friedmann: Carnap, Cassirer, Heidegger, Geteilte Wege. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2004, S. 25ff
Zitiert nach Michael Friedmann: Carnap, Cassirer, Heidegger, Geteilte Wege. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2004, S. 31
Michael Friedmann: Carnap, Cassirer, Heidegger, Geteilte Wege. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2004, S. 161
Vgl. Rolf Elberfeld: Heidegger und das ostasiatische Denken. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, S. 469f
Was heißt Denken? (GA 8), S. 136
Vgl. Rolf Elberfeld : Heidegger und das ostasiatische Denken. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, S. 469
Vgl. Rolf Elberfeld : Heidegger und das ostasiatische Denken. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, S. 471
Vgl. Rolf Elberfeld : Heidegger und das ostasiatische Denken. in Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Stuttgart 2003, S. 472
Vgl. z.B. Byung Chul-Han: Martin Heidegger, München 1999, S. 175ff
Vorträge und Aufsätze, S. 166f
Byung Chul-Han: Martin Heidegger. München 1999, S. 133
Vgl. Hans Ebeling: Martin Heidegger. Philosophie und Ideologie. Rowohlt TB-V., Reinbeck 1991, S. 42ff
Vgl. Otto Pöggeler: Der Denkweg Martin Heideggers. Stuttgart 1994, S. 210
Ernst Tugendhat: Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, Berlin 1967
Ernst Tugendhat: Heideggers Idee von Wahrheit. in Gunnar Skirbekk (Hrsg.): Wahrheitstheorien. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2006, S. 445
Ernst Tugendhat: Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung. Sprachanalytische Interpretation. Frankfurt a.M. 1979, S. 243


















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    Personendaten

    NAME
    Heidegger, Martin

    KURZBESCHREIBUNG
    deutscher Philosoph

    GEBURTSDATUM
    26. September 1889

    GEBURTSORT
    Meßkirch

    STERBEDATUM
    26. Mai 1976

    STERBEORT
    Freiburg im Breisgau
    Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Heidegger

    Kategorien: Reviewprozess | Philosoph (20. Jahrhundert) | Existenzialist | Phänomenologe | Daseinsanalyse | Hochschullehrer (Marburg) | Hochschullehrer (Freiburg) | Korporierter im KV | NSDAP-Mitglied | Deutscher | Geboren 1889 | Gestorben 1976 | Mann | Martin Heidegger
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