Martin Heidegger [1889-1976]
Martin Heidegger [1889-1976]
Sein und Zeit
On Time and Being - excerpt
Letter on Humanism
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Martin Heidegger (* 26. September 1889 in Meßkirch; † 26. Mai 1976 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Philosoph. Er zählt zu den einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts.
Zu den zentralen Bemühungen Heideggers gehört die Kritik der traditionellen Metaphysik. Unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten interpretierte und kritisierte Heidegger diese. Heideggers Gedanken haben direkt und über einige seiner Schüler großen und bleibenden Einfluss auf die moderne Philosophie und andere Geisteswissenschaften. Sein Engagement während des Nationalsozialismus ist bis heute Gegenstand kontroverser Debatten.
Überblick über das Werk Heideggers:
Heideggers bekanntestes Werk „Sein und Zeit“ erschien 1927. In der ersten Hälfte übte er starke Kritik am kartesischen Subjektivismus und arbeitete in einer fundamental-ontologischen Untersuchung eine neue Ontologie aus. Hierzu wählte er einen hermeneutischen Zugang: indem er nicht von festen Annahmen – etwa einem transzendentalen Subjekt – ausging und dann argumentativ fortschritt, sondern phänomenologische Analysen anwandte, wollte er mit überkommenen Traditionen brechen. Im zweiten Teil des Buches beschäftigte er sich mit grundlegenden Strukturen des Menschseins, wie etwa dem Phänomen des Todes, der Möglichkeit zur Individualität und dem in die Welt und Geschichte geworfenen Menschen. Hiervon wurden die Existenzphilosophen stark beeinflusst.
Ab Anfang der 1930er Jahre vollzog Heidegger in seinem Denken eine von ihm so genannte Kehre, deren Deutung strittig ist. Heidegger schrieb nun stärker Seinsgeschichte, in welcher er den geschichtlichen Bezug des Menschen zur Wahrheit interpretierte und einordnete. Die abendländische Philosophiegeschichte deutete er vor allem als fortschreitende Verdeckung eines bei den Vorsokratikern noch ursprünglichen Wahrheitsbezuges. Die mit Platon und Aristoteles einsetzende Metaphysik stellte für Heidegger den Beginn einer Reihe von Verdeckungen dar, die auch für unser heutiges Weltverständnis noch von großer Bedeutung sind. So lasse die Metaphysik die Dinge nicht in ihrem Sein gelten, also als das, was sie sind, sondern versuche, sie als etwas vorzustellen, das sie gerade nicht sind. Da sich diese grundlegende Verfehlung fortsetze, zeigte sich die geschichtliche Entwicklung Heidegger zufolge als ein überwiegend negativ zu wertender Prozess, der von Seinsverlassenheit geprägt sei.
Einen Höhepunkt dieser Entwicklung machte Heidegger im Nihilismus und in der modernen Technik aus. Seine Technikkritik problematisiert – analog zur Kritik der Metaphysik –, dass technische Weisen der Weltentdeckung andere Arten des Verstehens verdrängen und das Entdeckte lediglich als Objekt der Manipulation ins Blickfeld bringen. Zusätzlich birgt die Technik laut Heidegger die Gefahr einer Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation, die in einer Vernutzung um der Vernutzung willen mündet und so zu einer Zerstörung der natürlichen Umwelt führt.
Im Zusammenhang mit der von ihm angestrebten Kritik der Metaphysik wendete sich Heidegger auch Gebieten zu, die seinerzeit als nicht genuin philosophisch galten, wie Kunst, Dichtung und Sprache. In einer außergewöhnlich eigenen Interpretation von Hölderlins Gedichten versuchte er das moderne Zeitalter als durch das sich entziehende Göttliche geprägt zu denken. Er wendete sich dem modernen Menschen zu, den er als Heimatlosen und Entwurzelten sah. Diesem Problem stellte er seine Konstellation der Welt als Geviert von Sterblichen, Göttlichen, Himmel und Erde entgegen.
Inhaltsverzeichnis
Das Mesmerhaus in
Meßkirch, in dem Martin Heidegger aufwuchs
Martin Heidegger kam am 26. September 1889 als erstes Kind der Eheleute Friedrich und Johanna Heidegger in
Meßkirch (
Baden) zur Welt. 1892 wurde seine Schwester Maria geboren, 1894 sein Bruder Friedrich (Fritz). Der Vater war
Fassbindermeister und versah an der örtlichen katholischen Kirche das Amt des
Mesmers, die Familie lebte in einfachen, aber wohlgeordneten Verhältnissen. Die tiefgläubigen Eltern bemühten sich trotz knapper Geldmittel um eine möglichst gute Ausbildung ihrer Kinder und ließen darüber hinaus die Söhne schon früh Ministranten werden. Höhere Bildung jenseits der Gemeindeschule schien unerreichbar, bis der Ortspfarrer 1903 auf die Begabung Martins aufmerksam wurde und ihm ein Stipendium für das Konradihaus in
Konstanz ermöglichte, einer Schule zur Heranbildung zukünftiger Geistlicher.
Ab 1906 lebte Heidegger am bischöflichen Seminar in Freiburg und absolvierte das Gymnasium. Nach seinem Abitur trat er im September 1909 als Novize in den
Jesuitenorden ein, verließ das Kloster aber wegen Herzbeschwerden schon nach einem Monat wieder. Stattdessen wurde er Priesterseminarist und begann das Studium der
Theologie und
Philosophie an der Universität Freiburg. Heidegger veröffentlichte erste Artikel und Kommentare. Die geistliche Laufbahn schien ihm sicher zu sein, bis er 1911 das Theologiestudium aufgab und die Philosophie mit Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften ergänzte. Da in dieser Zeit an philosophischen Seminaren vor allem der
Neukantianismus und eine durch ihn geprägte Ablehnung der vor-kantischen
Ontologie vorherrschten, war Heideggers früher Bildungsweg durch seine Bindung an den
Katholizismus eher atypisch.
Zwei Texte prägten Heidegger in dieser Zeit:
Franz Brentanos Schrift
„Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles“ und
„Vom Sein. Abriß der Ontologie“ des Freiburger Dogmatikers Carl Braig, dessen Vorlesungen er besuchte. Daraus entstand ein fruchtbares Spannungsverhältnis zur
scholastischen Tradition. Heidegger urteilte später, dass er ohne seine theologische Herkunft nicht auf seinen Weg des Denkens gebracht worden wäre.
[1] Frühe Schaffenszeit 1913 wurde Heidegger mit einer Arbeit über
„Die Lehre vom Urteil im Psychologismus“ zum
Doktor der Philosophie promoviert. Im Freiburger
Kartellverband Katholischer Deutscher Studentenvereine war er bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst sehr aktiv und beteiligte sich regelmäßig an den wöchentlichen Treffen. 1915 hielt er dort einen Vortrag über den
„Wahrheitsbegriff in der modernen Philosophie“.
Schon 1915 folgte seine
Habilitation bei
Heinrich Rickert über
„Die Bedeutungs- und Kategorienlehre des Duns Scotus“. Heidegger bezog sich in seiner Habilitation auf die Schrift
„Grammatica Speculativa“ – später
Thomas von Erfurt und nicht Scotus zugeschrieben – ein Traktat über Typen sprachlicher Ausdruckweisen und ihnen entsprechender ontologischer Kategorien. Hier zeigt sich ein frühes Interesse Heideggers an dem Verhältnis von Sein und Sprache.
Der Erste Weltkrieg unterbrach seine akademische Laufbahn. Heidegger wurde 1915 einberufen und den Diensten für Post und Wetterbeobachtung zugewiesen. Für Kampfeinsätze war er nicht tauglich. 1917 heiratete er die evangelische Elfriede Petri. Die Ausmusterung erfolgte 1918. Sein Sohn Jörg kam im Januar 1919 zur Welt, und kurz darauf erklärte er seinen Bruch mit dem „System des
Katholizismus“.
[2] Mit
Edmund Husserl kam 1916 der führende
Phänomenologe an die Universität Freiburg. Er trat die Nachfolge Rickerts an. Heidegger wurde als Assistent und Privatdozent zu seinem engsten Vertrauten. Husserl gewährte ihm Einblicke in seine Forschung, und Heidegger hob rückblickend den Gewinn hervor, den dieses enge Verhältnis für ihn hatte. Ab 1920 begann der freundschaftliche Briefwechsel mit dem Philosophen
Karl Jaspers. Um eine außerordentliche Professur in Marburg erhalten zu können, erstellte Heidegger 1922 für
Paul Natorp die Skizze eines Aristoteles-Buches, den so genannten Natorp-Bericht. Heidegger bezeichnete seine Philosophie, die hier gerade im Entstehen war, als ausdrücklich
atheistisch und erklärt in einer Fußnote: Eine Philosophie, die sich als faktische Lebensauslegung verstehe, müsse auch wissen, dass dies eine „Handaufhebung gegen Gott“ bedeute.
[3]